18. Sep 2017 | Aktuelles, Weitere Themen
Es ist schade, dass Amnesty International (ai) ausgerechnet bei diesem wichtigen und sensiblen Thema nun auch anfängt Massenmail anzubieten und Sie diese dann per mouse click verschicken. Nachfolgende Antwort sende ich an alle Absender, die sich dem Massenpostverfahren bedient haben. Mit einem mouse click können wir uns aber nicht der Verantwortung entledigen – wir sollten gemeinsam die guten Initiativen, z.B. die Urgent Actions von ai unterstützen und individuelle Briefe an die Unterdrücker dieser Welt schicken. Sie könnten sich auch in der SPD engagieren und politisch die richtigen Signale, Anträge, Gesetze unterstützen. Leider sind weniger als 2 % aller Bürgerinnen und Bürger in Parteien. Aus nur 2 % der Gesamtbevölkerung stammt also fast das gesamte Führungspersonal unserer Gesellschaft. Hier wäre politischer Einfluss in der Demokratie wirkungsvoll.
Früher habe ich ein böses Wort für Massenmailschreiber benutzt… „gestohlene Betroffenheit“. Aber die Menschenrechte sind zu wichtig und Ihnen würde ich damit auch nicht gerecht. Mit etwas Glück kreuzen sich unsere Wege und wir können überlegen wie klug vorgegangen werden kann – wie wir klug vorgehen können.
Für mich sind die Menschenrechte das höchste Gut, das geschützt und verteidigt werden muss – im In- und Ausland. Daraus folgen alle wichtigen Ziele meiner Politik: Frieden, soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Klima-, Umwelt- und Naturschutz…
Deshalb nehme ich schon seit Jahren an den Urgent Actions von Amnesty International teil oder schreibe auch eigenständig entsprechende Briefe. Urgent Actions sind ein Maßnahmenbündel, das in dringenden Fällen von Menschenrechtsverletzungen von Amnesty initiiert wird. Meist sind es Appelle, Bitten oder Beschwerden, die an die zuständigen Stellen herangetragen werden. Auch hier ist es mir wichtig, persönliche Briefe zu formulieren, obwohl die Textvorschläge von ai eine gute Hilfe sind, Hintergrundinformation liefern.
Noch ein Satz wie Sie ihn in richtig schönem Parteisprech sicher auch erwarten: Als Parlamentarier oder in Regierungsverantwortung werden sich Martin Schulz und die SPD aber künftig dafür einsetzen, dass die Wahrung der Menschenrechte ein zentraler Punkt jedes Regierungshandels ist. Sicher wissen Sie aber, dass dies unmittelbar aus sozialdemokratischer Programmatik folgt. Das klingt doch wirklich toll. Gleichwohl schlage ich vor, genauer danach zu suchen, was wirklich passiert. Mich hat z.B. erschrocken, wie christliche Parteien ohne Nächstenliebe funktionieren. Ohne Probleme dürfen die Reichen reicher werden (auch mal 40.000 Euro am Tag bekommen) und die Ärmsten mit dem Existenzminimum abgespeist werden, ohne auch nur den Hauch von Unrechtsbewusstsein. Übersetzt hört sich das dann z.B. so an: „keine Steuererhöhungen!“.
Hinsichtlich Ihrer einzelnen sehr gut überlegten Forderungen zitiere ich sinngemäß oder wörtlich aus unserem SPD Regierungsprogramm oder anderen Beschlüssen der SPD:
Zur Forderung: Die Bundesregierung muss das Menschenrecht Asyl zu suchen achten und garantieren.
Die brutalen Kriege und Menschenrechtskrisen der Welt zwingen viele Menschen weiterhin zur Flucht. Jeder zweite Flüchtling weltweit ist ein Kind. Wir stehen für eine humanitäre Flüchtlingspolitik – basierend auf der Achtung der Menschenrechte und der Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention. Das Recht auf Asyl muss auch in Zukunft unangetastet bleiben.
Zur Forderung: Die Bundesregierung muss Rassismus effektiv bekämpfen.
Sie schreiben: „effektiv bekämpfen“ und das hört sich so schön eindeutig, so messbar an. Aber Rassismus kommt oft subtil daher, schleicht sich subkutan in die Gesellschaft ein… Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten arbeiten seit über 150 Jahren für Toleranz und gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit. Für viele Genossinnen und Genossen war es ein Kampf, der nicht selten im Gefängnis oder in Diskriminierung endete.
Wir setzen uns dafür ein, dass Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund besser erfasst und statistisch ausgewertet werden. Die im Aufenthaltsgesetz vorgesehenen Regelungen für Opfer von Straftaten müssen eingehalten werden, damit sie zu ihrem Recht kommen und Straftäterinnen und Straftäter für ihre Taten verurteilt werden können. Neben der konsequenten Strafverfolgung wollen wir auch die Präventionsarbeit ausweiten. Bereits in den vergangenen Jahren haben wir die Mittel im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ mehr als verdreifacht. Diesen Weg der Vorbeugung führen wir fort.
Zu einer umfassenden Strategie gegen gewaltbereite Rechtsextremisten gehört Deradikalisierung. Darum werden wir durch ein Gesetz zur Demokratieförderung und Extremismusprävention die Strukturen der Präventionsarbeit langfristig sichern. Darüber hinaus werden wir die Empfehlungen des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus aufgreifen und in der Präventionsarbeit umsetzen.
Für uns sind die Freiheit der sexuellen Orientierung, die geschlechtliche Selbstbestimmung und der Schutz vor Diskriminierung universelle Menschenrechte. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen überall frei von Gewalt und Diskriminierung leben können.
Zur Forderung: Die Bundesregierung muss das Menschenrecht auf Privatsphäre anerkennen und schützen.
Unser Ziel ist es, das Recht auf Privatsphäre zu gewährleisten. Aber wie schnell ist eine Regierung damit in dem Maß überfordert, wie die soziale Kontrolle in der Gesellschaft zerfällt. Ist es nicht merkwürdig, dass die soziale Kontrolle (ich bevorzuge Achtsamkeit) in den sozialen Medien am stärksten verloren geht. Natürlich wollen wir das wirtschaftliche Potenzial von Daten nutzen, denn Datenschutz und Big Data schließen sich nicht aus. Wir werden klare Regelungen schaffen, wie Daten verfügbar gemacht werden können und wer welche Daten wann, zu welchem Zweck und zu welchen Bedingungen verwenden darf. Bürgerinnen und Bürger sollen zu jeder Zeit einen Überblick über die Verwendung ihrer Daten haben. Es dürfen keine neuen Datenmonopole entstehen. Personenbezogene Daten sind dabei besonders schützenswert. Nutzerinnen und Nutzer müssen grundsätzlich einwilligen, wenn personenbezogene Daten über sie erhoben, genutzt oder verwendet werden. Datenspeicher und Netzwerke müssen besser gegen illegale Zugriffe von außen gesichert sein. Ich wage es mir kaum vorzustellen, wie schnell hier trotz allen Anstrengung Wunsch und Wirklichkeit auseinander fallen.
Unser Ziel ist ein „Völkerrecht des Netzes“, das die digitalen Grundrechte definiert. Vor diesem Hintergrund wollen wir Deutschland und Europa als führenden Standort für Datenschutz und IT-Sicherheit etablieren und werden innerhalb der EU für eine digitale Grundrechtecharta werben. Spätesten hier spüren Sie, warum Martin Schulz gut tut. Er kennt Europa wie kaum ein anderer oder eine andere. Auch hier muss die Europäische Integration gelingen – anders ist das Menschenrecht auf Privatsphäre kaum zu sichern.
Zur Forderung: Die Bundesregierung muss entschieden für zivilgesellschaftliches Engagement eintreten.
Wir wollen weltweit die Zivilgesellschaft stärken und die Handlungsspielräume von Menschenrechtsverteidigern schützen und ausbauen. Bereits heute setzt sich die SPD in Fraktion und Bundesregierung intensiv für den Schutz der Zivilgesellschaft ein. Dies wird sie in einer künftigen Bundesregierung genauso engagiert fortführen. Die Situation der Zivilgesellschaft hat sich in vielen Staaten massiv verschlechtert. Restriktive NGO-Gesetze schränken die Spielräume von Organisationen in einer Weise ein, dass viele kaum noch handlungsfähig sind oder deren Existenz gefährdet ist. Besonders betroffen sind Menschenrechtsorganisationen und Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger, allen voran jene, die sich für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte stark machen, sei es in der Textilproduktion, in der Rohstoffförderung oder in Landkonflikten.
Auf europäischer und internationaler Ebene unterstützen wir die konsequente Umsetzung der EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern in Drittstaaten, setzen uns für die politische und finanzielle Unterstützung der Zivilgesellschaft ein sowie im Bedrohungsfall für eine Aufnahme in einem Nachbarland oder in Deutschland. Der Schutz einer lebendigen Zivilgesellschaft, die für uns Grundlage der Demokratie ist, ist ein besonderes Anliegen der SPD.
Zur Forderung: Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass mit deutschen Rüstungsgütern keine Menschenrechtsverletzungen begangen werden.
Die Eindämmung der Rüstungsexporte ist zwingend. Die SPD hat deshalb in der Bundesregierung die transparenteste und restriktivste Rüstungsexportpolitik durchgesetzt, die es jemals in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben hat. Beim besonders sensiblen Bereich der Kleinwaffen haben wir (SPD) uns erfolgreich dafür eingesetzt, die gesetzlichen Regeln nochmals zu verschärfen. Die von Januar 2000 stammenden „Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ gilt es weiter zu entwickeln und wo notwendig gesetzlich zu fixieren.
Konkret bedeutet das: Wir werden eine Gesetzesinitiative zur Änderung der Rüstungsexportpolitik Deutschlands einbringen. Sie wird ein grundsätzliches Verbot des Kleinwaffenexportes in Drittstaaten außerhalb von EU, Nato und vergleichbaren Ländern enthalten. Zugleich treten wir für eine einheitliche restriktivere Rüstungsexportpolitik in Europa ein. Auch setzen wir uns für eine stärkere Begrenzung von Rüstungsexporten auf Ebene der EU ein.
Zur Forderung: Die Bundesregierung muss sich auf nationaler und internationaler Ebene für den Schutz der Menschenrechte einsetzen.
Die universelle Geltung und die Unteilbarkeit der Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Der Schutz und die Förderung der Menschenrechte sind deshalb Kernelemente sozialdemokratischer Politik. Wir setzen uns deshalb in Deutschland, auf europäischer Ebene und weltweit dafür ein, dass die Menschenrechtsstandards umgesetzt und weiterentwickelt werden. Dazu gehören insbesondere die Ächtung der Todesstrafe und Folter weltweit, die Stärkung der Rechte von Frauen insbesondere in gewaltsamen Konflikten, der Schutz und die Stärkung von Kinderrechten, die Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofes, des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen und des Europarats wie auch die Weiterentwicklung und entschlossene Umsetzung des internationalen Völkerrechts.
Für die SPD ist klar: Deutschland kann mehr! In einer von Martin Schulz geführten Bundesregierung werden wir uns daher für einen besseren Schutz der Menschenrechte einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Lothar Binding