Gemeindefinanzen das Thema

Neckar-Odenwald-Kreis. Eine Fachkonferenz der SPD zum Thema Gemeindefinanzen fand in Haßmersheim statt. Die SPD will die Finanzkraft der Kommunen im Kreis stärken. Bei seiner Begrüßung freute sich der SPD-Kreisvorsitzende Jürgen Graner, dass die Auftaktveranstaltung „Gemeindefinanzen“ von insgesamt sieben in den Regionen Baden-Württembergs des SPD-Landesverbandes in Haßmersheim und damit im Neckar-Odenwald-Kreis stattfindet. Ins Bürgergemeinschaftshaus waren die Kreisräte Rainer Schäfer, Gerhard Schmitz, Annemarie Frey, Inge Kolesinski-Jelinek und Karlheinz Graner ebenso wie zahlreiche Ortsvereinsvorsitzende und Kandidaten für die Kommunalwahlen der Einladung gefolgt.

SPD Generalsekretär MdL Rudolf Hausmann verwies auf die Verwaltungsreform der Landesregierung, die dazu führen werde, so seine Prognose, dass die Effizienzrendite die Städte und Gemeinden über die Kreisumlage berappen müssen. Er forderte die Landesregierung auf es dem Bund nachzumachen und den Kommunen mehr Geld für Betreuungseinrichtungen die Hand zu geben. Leider habe die Union die Gemeindefinanzreform in Berlin blockiert. Immerhin sei die Gewerbesteuer wie von der Union gewollt nicht ganz abgeschafft worden, so Hausmann. Die Veranstaltungsreihe diene dazu das SPD Konzept, dass auch von den kommunalen Spitzenverbänden getragen werde, detailliert zu erläutern. „Wir werden klar und deutlich aufzeigen, wer auf der Seite der Kommunen steht und zwar nicht nur in Sonntagsreden“, erläuterte Hausmann.

In seiner Multimedia-Präsentation stellte der stellvertretende Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Finanzen und direktgewählte Heidelberger Bundestagsabgeordnete Lothar Binding die sehr komplexe Materie rund um die Gewerbesteuer vor.

In der anschließenden Diskussion unter Moderation von Kreisrat Karlheinz Graner und dem Hardheimer SPD-Fraktionsvorsitzenden Lars Ederer merkte Kreisvorsitzender J. Graner an, dass sich im Neckar-Odenwald-Kreis nur sehr wenige Bürgermeister für das Kommunalmodell positionierten. Eine schweigende Mehrheit wolle wohl die Gewerbesteuer abschaffen. Einer konsequenten Ansiedlungspolitik sowie der Schaffung attraktiver Standort- und damit Lebensbedingungen auch und gerade im ländlichen Raum würden so die Anreize genommen. Lothar Binding prognostiziert, dass die reine Finanzierung der Kommunen über die Einkommensteuer dazu führen könne, dass Gemeinden und Städte zu reinen Schlafstätten verkommen. Der stellvertretende SGK-Kreisvorsitzende und Ver.di Vorsitzende Gerhard Bundschuh hob in seinem Schlusswort die Positionen der Gewerkschaften zu dieser Thematik hervor. Das Konzept und die Präsentation zu den Gemeindefinanzen können Mitglieder in der Kreisgeschäftsstelle bei Gerda Richter, Telefon 0 62 61 / 57 41 bestellen.
Fränkische Nachrichten   –   26.04.2004

Vertrag mit Briefkastenfirma

Der SPD-Abgeordnete Lothar Binding gibt sich mit der Stellungnahme der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur Sammlung Flick nicht zufrieden

Der Heidelberger SPD-Abgeordnete Lothar Binding wirft dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vor, Geschäfte mit einer Schwindelfirma zu machen. In einem offenen Brief an Klaus-Dieter Lehmann schreibt Binding: „Im Hinblick auf die Ausstellung der Flick Collection ist Vertragspartner der Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Contemporary Art Ltd. aus dem Steuerparadies Guernsey. Bis zu diesem Vorgang war es mir nicht vorstellbar, dass die deutsche öffentliche Hand Millioneninvestitionen auf der Grundlage eines Vertrags tätigt, den sie mit einer auf Guernsey ansässigen Briefkastengesellschaft abgeschlossen hat.“

Sein Brief vom 15. April ist die Antwort auf Lehmanns Stellungnahme zu einem Artikel in der Zeit der letzten Woche, in dem Lehmann betont hatte, es handle sich bei der Flick Collection um eine Leihgabe und dass „Steuern bei einer Leihe erfahrungsgemäß nicht anfallen“ können. Lothar Binding hatte zuvor den Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin aufgefordert, der Firma Contemporary Art Ltd., mit der die Stiftung Preußischer Kulturbesitz den Vertrag über die siebenjährige Leihgabe geschlossen hat, eine Steuernummer zuzuteilen. Nach seinen Kenntnissen des deutschen Steuerrechts bedeute die Ausstellung die Betriebsstättengründung einer ausländischen Kapitalgesellschaft. Die Sammlung gelte dabei als ihr Betriebsvermögen, und dessen Vermehrung, auch wenn es sich nur um Buchwerte handle, müsse versteuert werden. Binding führt gegen die Stiftung besonders das weitgehende Mitspracherecht von Friedrich Christian Flick bei der Betreuung der Sammlung an, etwa über seinen Galeristen Iwan Wirth oder Dorothea Zwirner, Ehefrau seines ehemaligen Galeristen Rudolf Zwirner (dessen Sohn David in New York gemeinsam mit Iwan Wirth eine Galerie betreibt): „Die deutsche Besteuerung hängt also nur noch davon ab, ob die Contemporary Art Ltd. in Deutschland eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter unterhält. Dies steht spätestens seit dem Spiegel-Interview mit Herrn Friedrich Christian Flick [vom 8. 3. 2004 – d. Red.] völlig außer Zweifel: Er hat in dem Gespräch eindeutig herausgestellt, dass er es war, der die Rieck-Halle nach seinen Vorstellungen umbauen ließ. Außerdem ist er es, der unmittelbar auf die Ausstellung Einfluss nimmt: Folgerichtig hat der Spiegel das Gespräch auch mit ,Sammler wollen Einfluss‘ betitelt. In der Tat nimmt Herr Flick nicht nur Einfluss, sondern er bestimmt de facto nahezu alles: Hat er doch mit seinem Galeristen Iwan Wirth, mit Herrn Peternader und der Kunstexpertin Dorothea Zwirner gleich drei Personen seines Vertrauens nach Berlin entsandt, damit die Ausstellung in vollem Umfang nach seinen Vorgaben gestaltet wird. Am Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte und eines ständigen Vertreters im Inland besteht also nicht mehr der geringste Zweifel.“ Gegen Lehmanns Argument, die Flick Collection werde nicht erst durch ihre Präsentation in Berlin im Wert gesteigert, argumentiert Binding: „Da die Werke der Flick Collection bisher noch nicht öffentlich ausgestellt wurden, wird sich die Ausstellung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz besonders wertsteigernd erweisen. Alles andere widerspräche allen bisherigen Erfahrungswerten.“ Und diese Wertsteigerungen „müssen hier versteuert werden“; dies ist in den „Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätzen, dort Tz 2.6.3, eindeutig geklärt“.

Bindings Ausführungen bedeuten, dass das Flicksche Firmengeflecht und ihre Bilanzen offen gelegt werden müssten. Sonst könnte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz unter den Anfangsverdacht der Beihilfe zur versuchten Steuerhinterziehung geraten.

taz Nr. 7337 vom 19.4.2004, Seite 16, 122 Zeilen (TAZ-Bericht)

BRIGITTE WERNEBURG