SPD schickt Bundestagsabgeordneten mit 96% ins Rennen
Stehende Ovationen gab es für Lothar Binding nach einer überzeugenden Rede und einer klaren Wahl. Mit dem Rückhalt der Basis zieht der Heidelberger Bundestagsabgeordnete in den bevorstehenden Wahlkampf: Mit großer Mehrheit wurde er von den SPD-Mitgliedern in der Sporthalle in Schriesheim dazu aufgefordert, erneut anzutreten.
„In schweren Zeiten zusammenhalten, und den Blick nach vorn richten“, mit diesem Appell und der Erinnerung an „eine alte Tugend“ der Sozialdemokratie eröffnete die SPD-Kreisvorsitzende Eva Maria Eberle die Versammlung. Den Tagungsort in Schriesheim hatten die Genossen gewählt, um auch den Kandidaten aus Rhein Neckar, Gert Weisskirchen zu nominieren.
Lothar Binding, 1998 erstmals direkt in den Bundestag eingezogen, erinnerte in seiner Rede daran, was die rot-grüne Koalition in den vergangenen sieben Jahren auf den Weg gebracht hat: So sei Deutschland auf der internationalen Bühne inzwischen ein Land mit allen Rechten geworden. Den Etat für Forschung und Technik habe die Schröder-Regierung um 37 Prozent erhöht und die Einrichtung von Ganztagesschulen gefördert. Dass mehr verlässliche Ganztagesangebote gebraucht werden, sei inzwischen Stand der politischen Diskussion. Unter Beifall der Mitglieder sagte der Abgeordnete: „Diesbezüglich haben wir den Stau im Denken aufgelöst.“
Auch den Fortschritt in Sachen Energiewende verbuchte der 55-Jährige als Erfolg. Die von der CDU propagierte Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken bedeute lediglich ein Vertagen der Probleme. Binding verwies auf die Steuerreform, in deren Zuge unter anderem der Eingangssteuersatz von 26 auf 15 Prozent gesenkt worden sei. Er sprach sich für einen sozialverträglichen Subventionsabbau aus und bezeichnete das Merzsche Bierdeckelmodell als „unrealistisch und unseriös“.
In Bezug auf die hohe Arbeitslosenquote räumte der SPD-Politiker ein: „Wir haben es uns leichter vorgestellt.“ Jedoch werde auch Wachstum allein keine Vollbeschäftigung auslösen. „Denn: Wachstum bedeutet, dass Firmen modernisieren, ihre Effizienz steigern und mit immer weniger Personal produzieren.“
Der Finanzexperte der SPD-Fraktion sieht seine Partei mit Hartz IV auf dem richtigen Weg. Die Reform sei nötig gewesen, um die soziale Komponente auch für die Zukunft zu sichern. „Letztlich schafft Hartz IV keine Jobs; wir haben getan, was machbar ist: Jetzt müssen sich aber auch andere bewegen“, so lautete das Fazit Bindings. Noch in der Nacht hat er lange im Internet gesurft, erzählte er: „Auf der vergeblichen Suche nach einem Wahlkampfprogramm der CDU“ hätte er nur eine „leere Menge“ feststellen können, so der Mathematiker.
Eine starke Marktwirtschaft mit sozialer Balance, Mindestlöhne, Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Betrieben nach Bindings Ansicht unumstößliche Säulen. Weil er befürchtet, dass im Falle einer Regierung unter Angela Merkel genau an diesen Punkten andere Weichen gestellt werden, sprach Binding von einer „Richtungswahl“ im September, nach der er gerne an seine bisherige Arbeit in Berlin anknüpfen würde.
Das Vertrauen der Delegierten drückte sich in Form einer großen Mehrheit aus. 142 der anwesenden 149 Mitglieder stimmten für den Abgeordneten. 1998 und 2002 zog Lothar Binding über das Direktmandat in den Bundestag ein, trotzdem plädierten die SPD-Mitglieder des Wahlkreises 275 für eine bessere Ausgangssituation, sprich einen besseren Listenplatz, als in den vergangenen Wahlkämpfen.
NT