Rede zum Finanzplatz Deutschland

Plenum, 8. Mai 2003

Allen drei Anträgen ist es ein gemeinsames Anliegen, durch die Schaffung verlässlicher politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen den Finanzplatz D zu fördern.

Die Anträge stehen damit in der guten Tradition des Partei übergreifenden Konsenses, der die Finanzmarktförderung und Kapitalmarktgesetzgebung in D auch in der Vergangenheit geprägt hat.

Und doch sind Unterschiede festzustellen: im Umfang, im Detaillierungsgrad und in der Wortwahl.

FDP und CDU/CSU ?bestechen? ? gestützt auf tagesaktuelle Betrachtungen ? durch die bekannte Krisen- und Untergangsrhetorik – und vergessen dabei zu untersuchen, wie Deutschland heute für die Zukunft aufgestellt ist. Über Wahltage hinaus zu denken ist unsere Aufgabe. Aus der Sicht von 1998 leben wir heute in der Zukunft. Und wir stellen fest: damals war Deutschland offensichtlich schlecht aufgestellt.

Unser Antrag verweist auch auf die bisherigen Erfolge und die guten Voraussetzungen

für die weitere Entwicklung. Übrigens auf einer fast immer gemeinsam beschlossenen Basis.

Ich erinnere an die erfolgreiche bisherige Finanzmarktförderungs-gesetzgebung der Bundesregierung:

Bundesbankreform

Gründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin  Finanzagentur,

? WertpapierErwerbs- und Übernahmegesetz WpÜG

? Das 4. Finanzmarktförderungsgesetz

? Deutscher Corporate Governance Kodex.

Diese gesetzgeberischen Initiativen sind eingebettet in die Mitwirkung der Bundesregierung bei der Schaffung eines integrierten europäischen Marktes für Finanzdienstleistungen bis zum Jahr 2005 also koordiniert mit dem EU-Aktionsplan für Finanzdienstleistungen der Europäischen Kommission.

Das Finanzministerium teilt mit, dass schon über drei Viertel der ursprünglich 42 Maßnahmen des Aktionsplans bereits umgesetzt sind.

Ein Erfolg dieser Finanzmarktförderungspolitik zeigt sich z.B. darin, dass sich die Zahl der Aktionäre und Fondsanteilinhaber im vergangenen halben Jahr – nach zuletzt rückläufigen Zahlen – stabilisiert. Dies steht auch im Zusammenhang mit den positiv regulatorischen Maßnahmen der Bundesregierung.

Wobei uns allen klar sein muß, dass die schönsten Gesetze, die feinsten Regeln und passgenaue Rahmenbedingungen dauerhaft nur weiterhelfen, wenn auch die Akteure Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Verhältnismäßigkeit walten lassen ? und Kompetenz aufweisen.

Und Kompetenz ist dabei nicht am Jahresgehalt zu erkennen ? Verhältnismäßigkeit schon gar nicht ? sondern an der Zukunftsfähigkeit der Entscheidungen.

Deshalb bestimmen Unternehmer, Manager bzw. Vorstandsvorsitzende, Mitglieder von Aufsichtsräten, Finanzberater und auch Börsenjournalisten entscheidend darüber wie sich der Finanzplatz Deutschland entwickelt. Und die Arbeitsteilung: wenn es nicht gut läuft zeigen wir auf die Politik und wenn es nicht schlecht läuft steigen die Gehälter der Topmanager, sollten wir nicht mitmachen.

Es ist sicher kein Zufall, dass alle drei Anträge die Schaffung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Verfolgung von Finanz- und Kapitalmarktdelikten ansprechen, denn die Strafverfolgung im Kapitalmarktbereich krankt in D an der hohen Zahl von Verfahrenseinstellungen. Diese ist Folge der oft geringen Expertise und des hohen Aufwandes, der bei diesen Delikten betrieben werden muss.

Hier wollen wir auf eine Zusammenarbeit mit den Ländern hin wirken um den Anlegerschutz durch eine Stärkung der Verfolgungsbehörden zu verbessern.

Der FDP-Antrag ist in seiner Reduktion auf den ?Finanzplatz Frankfurt? im Verhältnis zu den abstrakt definierten Zielen widersprüchlich. In der Formulierung ?Die Bedeutung des Finanzplatzes für die Finanzierung der Volkswirtschaft…? wird dieser Widerspruch recht deutlich.

Zwar stimmt es, dass Frankfurt als Bankenplatz und Sitz des größten deutschen Börsenbetreibers am Finanzplatz D eine herausragende Stellung einnimmt.

Jedoch gibt es in Deutschland auch andere

? Finanzzentren, etwa München und Köln/Bonn in der Versicherungsbranche

? oder starke Regionalbörsen in Stuttgart, Düsseldorf, München und Bremen/Berlin

Vielleicht geht dieser Irrtum der FDP auf die Annahme von Kollegen Solms zurück, der in der gestrigen Finanzausschusssitzung sagte, die Regionalbörsen seien ?Mitglieder? der Deutsche Börse AG in FFM.

Tatsächlich waren die Regionalbörsen früher(!) mit einem Anteil von etwa 10% am Kapital der Deutsche Börse AG beteiligt; dieser Anteil wurde aber abgebaut und heute befinden sich mehr als 80% der Anteile an der Deutsche Börse AG interessanter Weise in der Hand ausländischer institutioneller Investoren; Die Regionalbörsen in Deutschland treten also als Konkurrenten am Markt auf.

Der CDU/CSU Antrag enthält eine Reihe vernünftiger Ansätze, die sich auch im Programm der Regierung bzw. in unserem Antrag wiederfinden.

Jedoch fällt die Kleinteiligkeit des Antrags auf die sich als positives Signal des Deutschen Bundestages für den Finanzplatz Deutschland nicht eignen. Bei vielen Punkten im CDU-Antrag kann man erahnen, welche Lobby-Gruppe an diesem Brainstorming beteiligt war.

(Z. B. Unter Punkt II.10. zum Übernahmerecht: Nichtanwendbarkeit des WpÜG bei außerbörslichen Aktienrückkäufen ist eine alte Emittenten-/DAI-Forderung)

Viele der einzeln aufgeführten Aspekte werden im Antrag von SPD und GRÜNEN elegant ? soviel Eigenlob muß sein ? durch den Hinweis auf das 10-Punkte-Programm der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes sowie auf den Finanzmarktförderungsplan 2006 des BMF integriert.

Der SPD/GRÜNEN Antrag enthält die vernünftigen Aspekte aus den beiden anderen vorliegenden Resolutionen.

Dort, wo FDP und CDU/CSU den Finanzplatz D am Rand des Abgrunds wähnen, verweist unser Antrag auf die bisherigen Erfolge bei der Finanzplatzförderung ? ich denke in angemessener Form.

Gleichwohl weisen wir auf die notwendige Weiterentwicklung hin, denn Fortschritte bei der Entwicklung des Finanzmarkts haben herausragende Bedeutung für den Erfolg der deutschen Volkswirtschaft.

Verlässliche politische und rechtliche Rahmenbedingungen sind eine der Voraussetzungen für die Funktion des Finanzmarkts als Motor für Wachstum und Beschäftigung.

Ohne die Finanzierungsfunktion des Kapitalmarkts – sei es als Fremdkapitalaufnahme durch Kredite/Anleihen oder als Eigenkapital durch die Begebung von Aktien ? werden keine Investitionen getätigt und die volkswirtschaftliche Entwicklung gehemmt.

Dieser Weg ist weiter zu beschreiten.

Dabei bieten das 10-Punkte-Programm der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes sowie der Finanzmarktförderungsplan 2006 des BMF bieten eine hervorragende Grundlage.

Ich möchte einige wichtige Maßnahmen aus diesem Arbeitspensum nennen:

1. Entwicklung eines international konkurrenzfähigen Verbriefungsmarktes in D (Asset

Backed Securities – Initiative der KfW mit den großen Geschäftsbanken und den Genossenschaftsbanken.

Durch Verminderung der Risikopositionen der Kreditinstitute aus Kreditforderungen und -risiken wird Eigenkapitalentlastung herbeigeführt; dies führt zu Freiraum für neue Kredite.

Die Finanzierungsmöglichkeiten auch kleiner und mittlerer Unternehmen werden verbessert.

2. Die Steuerliche Entlastung der Zweckgesellschaften, auf die solche Kredite oder Kreditrisiken übertragen werden sollen, gleicht Nachteil des Finanzplatzes D aus.

Zweckgesellschaften müssen nicht mehr länger aus gewerbesteuerlichen Gründen ins Ausland ausweichen.

3. Das Investmentgesetz 2003. Gesetz wird Wettbewerbsnachteile, die die deutsche Fondsindustrie in den vergangenen Jahren wiederholt beklagt hat, beseitigen.

Vorteile von Standorten wie Irland oder Luxemburg werden damit ausgeglichen.

Im Rahmen der anstehenden Umsetzung bestimmter EG-Richtlinien, wird

das Umfeld für die Auflegung und Verwaltung von Investmentfonds in D einer kritischen

Überprüfung unterzogen.

Ziel ist die Entschlackung des Gesetzes und die Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten der Fondsgesellschaften.

Schaffung eines Enforcement-Mechanismus ? also der Überprüfung der Rechtmäßigkeit konkreter Unternehmensabschlüsse.

Ziel ist die Rückgewinnung des Anlegervertrauens in die Klarheit und Wahrheit der Unternehmensbilanzen.

4. Stärkung der Verantwortlichkeit der Gesellschaftsorgane (Vorstand, Aufsichtsrat)

durch die Schaffung einer persönlichen Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen.

Verbesserung der Organaußenhaftung. Die Ausdehnung der bisherigen Haftung, die allein die Gesellschaft trifft

5. Weiterentwicklung des Deutschen Corporate Governance Kodex;

Ziel ist die Etablierung einer verantwortlichen und vernünftigen Unternehmensführung und -leitung.

6. Verbesserung der Aufsicht über den Grauen Kapitalmarkt durch Einführung einer Prospektpflicht für öffentlich angebotene Kapitalbeteiligungen, zum Beispiel: stille oder Kommanditbeteiligungen

Zusammenfassend möchte ich an die lange Tradition der Gemeinsamkeiten in diesen Fragen erinnern und dass lediglich das 4. Finanzmarktförderungsgesetz schließlich im Vermittlungsausschuss verhandelt wurde.

Hintergrund dafür waren aber weniger Partei- als viel mehr Bund-Länder-Konflikte.

An diese Tradition sollten wir hinsichtlich der Finanzmarktförderungsgesetzgebung zum Wohle des Finanzplatzes Deutschland anknüpfen und den Antrag der SPD und Bündnis 90/Die Grünen unterstützen.

Antrag „Internationale sportliche Großveranstaltungen gleichermaßen zu fördern“ (Drucksache 15/544)

Plenum, 5. Mai 2003

Hier: Ablehnung

Sachstand:

Wie schon in der Debatte vom 11. April 2003 zum Ausdruck gekommen ist, enthält der Antrag BT-Drucksache 15/544, Abschnitt I,  im ersten Teil eine Ansammlung von Feststellungen die keinen Widerspruch induzieren: So sind internationale sportliche Großveranstaltungen ?Treffpunkt? und ?Mittelpunkt?, sie sind ?sportliche und gesellschaftliche Ereignisse? und sie über ?oft unbeschreibliche Faszination aus?. Durch ?weltweite mediale Ausstrahlung werden … Hunderte von Millionen Menschen erreicht und begeistert.Darüber hinaus besteht parteiübergreifende Einigkeit darüber, daß sportliche Großveranstaltungen eine Möglichkeit ?zu internationaler Verständigung?,  zur ?wirtschaftlichen Stärkung regionaler Strukturen? wie auch des ?Tourismus und nachgeordneter Wirtschaftsbetriebe? bieten, sowie sich als ?aufgeschlossenes, weltoffenes und tolerantes Gastgeberland zu präsentieren?.

Vielleicht fasst folgendes Zitatat den Feststellungsteil am besten zusammen: ?Internationale sportliche Großereignisse wirken… weit über die nationalen Grenzen hinaus…? Eine tiefliegende Erkenntnis. Wer wollte einer solchen Feststellung widersprechen?

 In deutlich schwächerem Schärfegrad wird in einem zweiten Teil der Feststellungen auf die Entwicklung der Investitionen beim Spitzen- und Breitensport eingegangen. Abgesehen von den 550 Mio. Euro für Stadien für die Fußball WM im Jahr 2006, fehlen, in krassem Gegensatz zu obiger analytischer Darstellung ? internationale Ereignisse gehen über nationale Grenzen hinaus- im Kontext der Behauptungen zu den Investitionen, jegliche Zahlenangaben sodass sich die Ableitungen, insbesondere unter Bezugnahme auf die ?stärker um sich greifende Professionalisierung einzelner Sportarten? anhand der im Antrag gemachten Angaben weder verifizieren noch falsifizieren lassen.

 In einem dritten Teil der Feststellungen werden Konsequenzen aus der Vergabepraxis bei internationalen Sportgroßveranstaltungen hinsichtlich unterschiedlicher Chancen zwischen kleinen und großen Sportverbänden im Zusammenhang mit Steuerbefreiungen bzw. Steuernachlässen dargestellt. Außerdem wird als Aufgabe definiert ?deutschen Spitzensportverbänden die gleichen Voraussetzungen zu schaffen damit diese sich chancengleich mit internationalen Verbänden als Ausrichter bewerben können?.

 In Abschnitt II des Antrags BT-Drucksache 15/544 werden sechs Forderungen in folgenden Bereichen erhoben:

1.      Vergabepraxis bei internationalen sportliche Großveranstaltungen

2.      Gleiche Voraussetzungen für alle Spitzensportverbände

3.      Begrenzung der Forderungen internationaler Sportorganisationen auf das Notwendige

4.      Förderung internationaler Großveranstaltungen

5.      Verwendung der Erlöse aus dem Verkauf von Sondermünzen für den ?eigentlichen Verwendungzweck?

6.      Förderung der touristischen Vermarktung

 Stellungnahme:

 Ich empfehle den Antrag BT-Drucksache 15/544 abzulehnen.

 Der Antrag reflektiert in weiten Teilen Bekanntes. Dies gilt hinsichtlich der allgemeinen Feststellungen ebenso wie für die finanzpolitischen Bemerkungen:

 Hinsichtlich der Abhängigkeit der Vergabe internationaler Sportgroßveranstaltungen von Steuerbefreiungen oder von Steuernachlässen  ist auf die Arbeit der durch die Finanzministerkonferenz, des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums des Inneren eingerichtete Arbeitsgruppe zu verweisen, die u.a. intensiv die §§ 50 Abs. 7 und 50a Abs. 4 Einkommensteuergesetz in ihre Arbeit mit einbeziehen, wobei es auch abzuwägen gilt, ob sportliche Großveranstaltungen a priori gemeinnützig sein können. Die Arbeit dieser Arbeitsgruppe ist eine Folge der Sportministerkonferenz im November 2002.

 Es ist also nicht zielführend, heute Zeit auf unspezifische allgemeine Forderungen wie ?sich dafür einzusetzen? oder ?Sorge zu tragen? das ?Großveranstaltungen nicht mehr von Steuerbefreiungen abhängig gemacht werden? zu verwenden. Der Antrag der CDU hätte gleichwohl in den achtziger oder noch deutlicher in den neunziger Jahren eine Bedeutung haben können um den damals eingeleiteten Fehlentwicklungen rechtzeitig entgegen wirken zu können. Deshalb schlage ich nun vor die Ergebnisse der Arbeitsgruppe abzuwarten.

 Mit der Erläuterung, dass 1. im Jahre 2001 fast 100 Millionen Euro mehr als 1998 mit damals 221 Millionen Euro für den Spitzensport ausgegeben wurden und dass 2. sich die vorgenommenen Anpassungen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung, die auch von Vertretern des Sports unterstützt werden, bewegen, lassen sich die Behauptungen hinsichtlich der Investitionen im CDU-Antrag falsifizieren. Die Verhältnisse für den Sport am Ende der Ende der Regierungszeit von CDU/CSU/FDP waren also schlechter und wären als Zielstellung ein Rückschritt.

 Die im Antrag enthaltene Unterscheidung zwischen der Verwendung der Erlöse aus dem Verkauf von Sondermünzen für den ?eigentlichen Verwendungszweck? und der Verwendung ?überschüssiger Erlöse für den Sport?  ist mit Blick auf die Bedeutung und Arbeit der Stiftung ?Deutsche Sporthilfe? nicht verständlich und m.E. nicht in Einklang zu bringen mit den anderen Forderungen oder Feststellungen des Antrags. Insofern folgt der CDU-Antrag einem in-sich-widersprüchlichen Gedanken.

Das Bestreben diese Großveranstaltungen in Deutschland zu ermöglichen und die Austragung zu fördern, ist Ziel der Bundesregierung.

 In Bezug auf den Antrag BT-Drucksache 15/544 empfehle ich, diesen abzulehnen.

Somit bleibt festzuhalten, daß sich die Bundesregierung für die gleichmäßige Förderung von Spitzen- und Breitensport einsetzt, und nach besten Kräften versucht, die Bewerbung und Durchführung von Sportgroßveranstaltungen zu unterstützen.

 In diesem Zusammenhang hat auch der DSB im August 2002 den Finanzminister wegen der steuerlichen Erleichterungen in der Vereinslandschaft und der beruflichen Absicherung der Spitzensportler ausdrücklich gelobt.