thw05-3_01SPD-Bundestagsabgeordneter will nicht OB werden – Kandidatennominierung wohl erst im Herbst – RNZ-Interview mit Lothar Binding

Von Micha Hörnle – RNZ vom 17.5.05

Eineinhalb Stunden schaute sich gestern Nachmittag Bundestagsabgeordneter Lothar Binding das Heidelberger Technische Hilfswerk an – zusammen mit SPD-Landeschefin und Innenministeriumsstaatssekretärin Ute Vogt (die übrigens in Berlin für das THW zuständig ist). Nach längerer Zeit bangen Wartens lüftete er um 16.42 Uhr das Geheimnis, das eigentlich keines mehr war: Binding wird nicht zur OB-Wahl 2006 antreten, er hat vor, das Bundestagsmandat im selben Jahr zu verteidigen. Dass er sich zu diesem Zeitpunkt äußerte, hat mit einem „objektiven Termindruck“ (SPD-Landesvize und Meckesheimer Bürgermeister Hans-Jürgen Moos) zu tun.

Die Partei würde ganz gern vor der Sommerpause wissen, wer wieder in den Bundestag will, damit am 3. Dezember ein Landesparteitag steigen kann, auf dem die Landesliste für die Bundestagswahl beschlossen wird. Und damit habe es eben auch einen „positiven Druck“ (Moos) auf Binding gegeben, sich für oder gegen seine Bundestagskandidatur zu entscheiden. Es sei eben nicht möglich gewesen, diese Frage „weiter offen zu halten“, denn die Wahlkämpfe für den Bundestag und den OB liefen parallel.

Und Binding, der 1998 erstmals direkt (ohne Absicherung auf der Liste) gewählt und 2002 bestätigt wurde, entschied sich für Berlin. Das hänge auch mit den drei Hauptzielen der Heidelberger SPD zusammen: Man will direkt in den Bundes- und Landtag einziehen und den OB stellen. Deswegen habe sich Binding auch nur für den Fall zur Verfügung gestellt, falls es keinen geeigneten OB-Kandidaten geben sollte. Aber offenbar gibt es nun genügend Interessenten. Binding zeigte sich „stolz darauf, dass die Bewerberlage so gut ist“, und entschied sich jetzt für Berlin, da sei er als Finanzfachmann an der richtigen Stelle, außerdem sei er jetzt als MdB bekannt.

thw05-1_01Mit Bindings Votum habe die Partei „viel Zeit gewonnen“, um den Kandidaten zu finden und den dann populär zu machen. Man wolle sich nicht dem Druck der Medien und des bürgerlichen Lagers beugen, jemanden zu früh zu nominieren – im Gegenteil. Vogt: „Man kann die Leute, die als Kandidaten einsteigen, nicht eineinhalb Jahre in Wartestellung halten.“ Binding hielt es geradezu für einen „schweren Fehler“, so früh – à la Bürgerliche – einen Kandidaten zu benennen: „Das geht zu Lasten einer seriösen inhaltlichen Vorbereitung.

thw05-2_01Es ist nicht die Kunst, einen Wahlkampf früh zu starten, sondern ihn spät zu gewinnen.“ Man will sich auch nicht an den anhaltenden Spekulationen beteiligen, das hindere nur die Partei daran, geeignete Bewerber zu finden. Welche das sein könnten, verriet das SPD-Spitzentrio gestern Nachmittag nicht (Binding: „Es sind einige“), aber bisher sind bisher nur Nicht-Heidelberger im Gespräch. Offenbar keine allzu bekannte, aber erfahrene Personen, wie Binding durchblicken ließ. Die Kandidatensuche sei noch längst nicht abgeschlossen, die Liste sei noch offen.

Es gibt auch noch keinen festen Zeitplan, wann die SPD ihren OB-Bewerber präsentieren will. Laut Moos hat man lieber einen „kurzen, heftigen Wahlkampf“: „Alles, was länger als sechs Monate dauert, ist unmenschlich und fördert die mediale Verschleißung.“ Offenbar wird es Herbst werden, bis man mehr weiß, aber darüber hat die Heidelberger SPD zu befinden. Zwei potenzielle Kandidaten sagten aber gestern ab: Vogt erklärte, dass sie Ministerpräsidentin werden will, und Moos will für Sinsheim in den Landtag.

bindineu_web_01„Bessere Chancen für den Bundestag“


Direkt nach der Zusage zur MdB-Kandidatur stand Lothar Binding der RNZ Rede und Antwort.

Herr Binding, Sie haben sich für eine Karriere in Berlin entschieden: Was hat Berlin, was Heidelberg nicht hat?

Wenn ich in Berlin arbeite, bin ich ja gedanklich für Heidelberg und die Region da.

Haben Sie also Ihr möglicherweise sicheres Bundestagsmandat einer unsicheren OB-Kandidatur vorgezogen?

Nein, es gibt keine sicheren Kandidaturen. Eine solche Überlegung hat bei meiner Entscheidung keine Rolle gespielt.

War’s Ihr Alter? Sie sind 55 Jahre und würden – wie Wolfgang Lachenauer – keine zwei Amtszeiten „vollmachen“ können…

Acht oder zwölf Jahre wären auch ein guter Zeitraum. Aber auch hier: Mein Alter spielte keine Rolle. Leute mit breiterer Erfahrung werden oft lieber gewählt als einer, der vielleicht jünger ist, aber eine solche Erfahrung nicht hat.

Oder gab standen Partei oder Gemeinderatsfraktion nicht wie ein Mann hinter Ihnen, um Ihre OB-Kandidatur zu unterstützen?

Beide hätten mich in beiden Fälle unterstützt.

Fehlte Ihnen nicht der unbedingte Wille, OB zu werden? Denn ohne den geht’s nicht.

Ich hätte mir das gut vorstellen können, aber ich stehe auch als Bundestagsabgeordneter in dem jungen Wahlkreis bei den Gemeinden außerhalb Heidelbergs im Wort.

Also: was hat Sie sonst dazu bewogen, nicht als OB-Kandidat anzutreten?

Wir haben das Ziel, im nächsten Jahr drei Mandate zu erringen: Wir wollen den OB stellen und das Landtags- und Bundestagsmandat direkt erringen. Und ich sehe für mich die besten Chancen, das Bundestagsmandat zu halten, ein völlig neuer hätte es da sehr viel schwerer. Ich habe mich für den Fall bereitgehalten, dass es keinen OB-Kandidaten gegeben hätte. Deswegen war ich am Findungsprozess beteiligt, um zu sehen, ob wir hochqualifizierte und aussichtsreiche Kandidaten mit Interesse an Heidelberg haben.

Und: Haben Sie schon welche gefunden?

Ja.

Nennen Sie Namen.

Das werde ich nicht tun, allein schon, um die Interessenten zu schützen – das ist ein Ehrenkodex. Außerdem ist das nicht meine Aufgabe, sondern die der Findungskommission.

Sind denn prominente Namen darunter?

Prominent schon – aber ob sie bekannt sind? Wichtig sind ja Vorerfahrungen, inhaltliche Tiefe und Werte.

Kommen die Kandidaten von außen?

Ja, aber das ist noch eine offene Liste. Falls sich jemand in Heidelberg dazu prädestiniert fühlt, darf er gerne sich in die Liste eintragen.

„Externe“ haben einen schweren Stand…

Nein, wir haben die Möglichkeit, dessen oder deren Namen bekannt zu machen. Erfolg werden wir haben, wenn ihre Qualifikation besser ist als die des bisherigen Kandidaten.

Ist es für die Partei nicht schwer, wenn ihr der „natürliche“ OB-Kandidat einen Korb gibt?

Nein, denn wir haben den Konsens, unsere großen drei Ziele zu erreichen. Wichmann gewinnt den Landtagssitz, ich das Bundestagsmandat, und ein SPD-Kandidat oder eine -Kandidatin wird OB.

Mal ehrlich: Geben Sie die Wahl nicht schon verloren? Würzner schlägt sich wacker…

Nein, wir meinen, dass die Konservativen eine falsche Strategie gewählt haben: Erstens ist es fraglich, ob die Wähler den Vorgaben der Funktionäre folgen. Zweitens muss ein Kandidat nun in einen langen Wahlkampf erklären, warum er als Mitglied der Führungsspitze der Verwaltung, als Bürgermeister nicht schon mit dem begonnen hat, was er als Kandidat für später verspricht. Schon zwei Gründe, warum wir eine Persönlichkeit nominieren, die für alle Heidelberger wählbar ist.