shado0001_01Im Mai lud Lothar Binding zwei Shadow-Partner nach Berlin ein. Kathrin Störzner aus der Redaktion des Magazins „politik & kommunikation“ der Helios Media GmbH schrieb nachfolgenden Artikel.

Aus dem Fenster von Lothar Bindings Büro könnte man stundenlang die Mitarbeiter anderer Abgeordneter beobachten. Doch heute bleibt dafür keine Zeit. In dem kleinen Vorraum des Büros wird es immer enger. Die drei Mitarbeiter von Lothar Binding wuseln durch Papiere und empfangen nebenbei die beiden Shadow-Partner ihres Chefs. Carl Thiel ist der erste heute Mittag. Er ist Geschäftsführer der IHK Rhein-Neckar. Minuten später kommt auch Wirtschaftsjunior Tonio Reiser, Patentrechtsanwalt – aus Bindings Wahlkreis.
Die beiden Gäste scherzen mit den Büromitarbeitern über die Sicherheitsbestimmungen im Bundestag. Plötzlich platzt auch Lothar Binding ins Büro. Man merkt ihm an, dass er Enge und viele Menschen gewöhnt ist – die Shadow-Programme mit Geschäftsleuten gehören fast zum Alltag für den Bundestagsabgeordneten. Als Praktikant half er schon in einer Videothek, bei einem Architekten, Zahntechniker und im Einzelhandel aus.

Die Gruppe löst sich schnell wieder auf und Reiser bleibt allein im Vorraum zurück. Binding verschwindet in den Haushaltsausschuss. Sein Pressereferent geht mit Carl Thiel ins Nebenzimmer um einen Kurzfilm über das Shadow-Programm zu drehen. Seine Stimme zittert anfangs, doch kaum läuft das Band spricht Thiel souverän in die Kamera. Die gelben Spickzettel am Schreibtischrand helfen ihm. Die Bundestagsabgeordneten seien arme Leute erklärt er, sie kämen kaum zum Essen. „Die Lobbyisten laden sie deshalb immer häufiger zu Geschäftsessen ein.“

Doch nicht nur wegen des Essens sondern auch für die Arbeit von Binding seien die Gespräche außerordentlich wichtig, sagt er lächelnd in die Kamera. Im Vorzimmer klingelt derweil lautstark ein Telefon, das keiner ausstellt. Kurz darauf verabschiedet sich Thiel von der Runde, er ist zusammen mit Binding zu einem Essen eingeladen. Wirtschaftsjunior Reiser geht also wieder allein auf Erkundungstour. Die Debatten im Bundestag seien genauso endlos wie seine verworrenen Gänge, philosophiert er auf dem Weg zum Plenarsaal. „Nein, tauschen möchte ich nicht mit Herrn Binding. Die langwierigen Diskussionen schrecken mich ab“. Doch dann erlebt er den Hammelsprung hautnah mit im Reichstag.

Später im Büro, leuchten seine Augen auf. Aufgeregt erzählt er davon, wie alle Abgeordneten in den Reichstag strömten. Struck sei sogar in Motorrad-Kluft herbei geeilt. Die Arbeit der MdBs, so resümiert er, sei doch spannender als er gedacht hatte.

Kathrin Störzner – „politik & kommunikation“ 22.5.06