Foto DBT

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Es gibt wohl kaum jemanden, der dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, auf englisch Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP), gleichgültig gegenüber steht. Die einen preisen es als Heilmittel gegen die Krise in Europa, als Türöffner für die amerikanischen Märkte und als Stabilisator der transatlantischen Beziehungen. Die anderen befürchten, dass europäische Standards z.B. des Verbraucher- und Datenschutzes und demokratischer Grundsätze auf dem Altar überzogener Gewinnerwartungen allzu bereitwillig geopfert würden.

Wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben sich bereits früh positioniert. Schon im vergangenen Jahr hat Bernd Lange, handelspolitischer Sprecher der sozialdemokratischen S&D-Fraktion im Europäischen Parlament, deutlich gemacht, dass die Zustimmung seiner Fraktion an klare Bedingungen gekoppelt ist: keine Absenkung der europäischen Standards in Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit, Datenschutz und den Rechten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Außerdem müssten die Verhandlungen transparenter verlaufen und mehr zivilgesellschaftliche Akteure, z.B. Gewerkschaften und Verbraucherschutzorganisationen, mit einbeziehen.

Nun ist das Europäische Parlament durch den Lissabon-Vertrag zum Mitgesetzgeber aufgestiegen. Das heißt in diesem Fall, dass das Freihandelsabkommen ohne seine Zustimmung nicht in Kraft treten kann. Die Europäische Kommission, Verhandlungsführerin der EU im Auftrag der Mitgliedstaaten, ist sich dessen bewusst und hat in der TTIP-Verhandlungspause von Dezember bis Mai begonnen, die Anforderungen des Parlaments umzusetzen. Ferner ist jetzt im Gespräch, TTIP zu einem so genannten gemischten Abkommen auszugestalten. Das würde bedeuten, dass auch die nationalen Parlamente dem Abkommen zustimmen müssen. Gerade in Deutschland wird sehr kontrovers diskutiert, wie sich beispielhaft am 15. Mai in Heidelberg zeigte.

Im Rahmen einer „Fraktion vor Ort“-Veranstaltung hatte Lothar Binding den außenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, eingeladen, um mit ihm und den Heidelberger Bürgerinnen und Bürgern über das Freihandelsabkommen zu sprechen. Auch hier wurde deutlich: Markterschließung und Schaffung neuer Arbeitsplätze: ja – aber nicht um jeden Preis. Einem Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus (Investor State Dispute Settlement, ISDS) wurde genauso eine Absage erteilt wie der Fracking-Methode zur Rohstoffgewinnung oder dem so genannten Chlor-Hühnchen. „Wir Sozialdemokraten loten Chancen und Probleme aus und knüpfen daran die Entscheidung“, fasste Niels Annen zusammen.

Auch die SPD-Arbeitsgemeinschaft 60plus hat sich auf Bundesebene zu TTIP positioniert. Sie stellt sich ebenfalls klar gegen den Ausverkauf europäischer Errungenschaften zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger. In dem Beschluss heißt es: „Wir fordern deshalb alle EU-Parlamentarier auf, einem Abkommen, das die oben beschriebenen Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und der EU erwarten lässt, nicht zuzustimmen. Wir schließen uns der IG-Metall an und fordern ein transatlantisches Abkommen zwischen der EU und den USA mit höchsten Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards.“ Die SPD wird den Fortgang der Verhandlungen weiterhin auf allen Ebenen kritisch begleiten.