In meiner einjährigen Pause zwischen Bachelor und Master hatte ich endlich mal die Zeit praktische Erfahrungen zu machen und echte politische Einblicke zu gewinnen. Ich kannte Lothar Binding schon aus meinem Wahlkreis, in dem ich mich in der Schulzeit engagiert hatte, wusste aber bis dato noch nicht sehr viel über seine eigentliche Arbeit im Bundestag.
Ich wusste beispielsweise nicht, dass ein Abgeordneter nicht nur einen extrem vollen Terminkalender hat der oft bis in die Nacht reicht, sondern sich viele Veranstaltungen sogar überschneiden und das es gar nicht mal so einfach ist sich einen Überblick zu verschaffen und Schritt zu halten.
Mein eigener Tagesablauf hatte drei wesentliche Bestandteile: Lothars Kalender, das Praktikantenprogramm der SPD und meine Aufgaben im Büro. Das war auch meine Prioritätenabfolge, denn am besten kann man die Abläufe eines Parlamentariers und dessen Aufgabenfeld kennen lernen wenn man praktisch sein „Shadow“ wird. Lothars Tagesablauf ist vor allem in den Sitzungswochen sehr vielseitig und schnell lernte ich die Themen, die in der Arbeitsgruppe und im Finanzausschuss aktuell waren, kennen. Finanzpolitik ist zwar nicht mein Schwerpunkt im Studium, aber man findet sich dennoch mit ein bisschen Zeit in die Thematik eines (beispielsweise) Erbschaftsgesetzes oder Investitionsbesteuerungsgesetz ein. Durch die Aktualität des Brexits, konnte ich auch an vielen verschiedenen Veranstaltungen zur Zukunft von Europa teilnehmen und war bei einigen Bankengesprächen dabei. Auch die abendlichen Veranstaltungen, das bedeutet meistens Einladungen von Verbänden oder anderen Lobby-Vereinigungen waren sehr aufschlussreich. Man bekommt die Chance das Themengebiet von allen Seiten zu sehen und ich kam schnell mit anderen Meinungsträgern ins Gespräch. Ebenfalls sehr interessant sind Interviews oder persönliche Gespräche mit Interessensvertretern, in denen Lothar Sachverhalte und Parteipositionen, wie auch seine eigene Meinung mehr erklärt.
Das SPD Praktikantenprogramm ist für alle Praktikanten der Abgeordneten und organisiert Besuche in politische Institutionen hier in Berlin, wie auch Gespräche mit Politikern. So konnte ich beispielsweise das Bundeskanzleramt, das Alte Abgeordnetenhaus, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und das Rote Rathaus besichtigen und deren politische Geschichte kennen lernen. Außerdem wurden offene Diskussionsrunden mit Peer Steinbrück wie auch Generalsekretärin Katharina Barley organisiert. Das war eine einmalige Chance die Politiker mal hautnah zu erleben und in ehrlichen Gesprächen deren Meinung zu aktuellen Themen zu hören.
Das Klima in der SPD Fraktion ist ebenfalls sehr freundlich, was mir meine Büroarbeit sehr erleichterte. Eine meiner Hauptaufgaben war die Beantwortung von Bürgerbriefen, in denen Menschen aus dem Wahlkreis Lothar ihre Anliegen und Bedenken über Gesetze mitteilen. Als Sprechrohr seines Wahlkreises liegen ihm diese Briefe sehr am Herzen und jeder einzelne meiner Entwürfe wurde abgesprochen. Es war immer ein schönes Gefühl eine informierte Antwort zu schreiben und sich gleichzeitig selbst Wissen anzueignen. So hatte ich die Chance mich in verschiedene Themenbereiche einzulesen, wie beispielsweise das Erneuerbare Energien Gesetz 2016, Insolvenzanfechtung, Rentenbesteuerung und Steueroasen (Panama Papers). Weiterhin durfte ich etwas in die Öffentlichkeits- und Social Media Arbeit reinschnuppern und konnte beispielsweise zu einem Meeting von Facebook für Abgeordnetenarbeit. Ich hatte außerdem noch mein eigenes kleines Projekt, Post-Its für Lothar zu gestalten, was mir große Freude bereitet hat.
Das Praktikum hat mir rundum gefallen und ich bin traurig, jetzt schon gehen zu müssen. Ich werde mich auch in Zukunft wieder mehr politisch engagieren und die Zeit hier hat mir einfach Appetit auf mehr gemacht!