Lothar Binding, SPD Landtagskandidat Hansjörg Jäckel, Chefarzt Dr. Rolf-Dieter Splitthoff und Personalratsvorsitzender Peter Weckesser in einem Patientenzimmer.

Lothar Binding, SPD Landtagskandidat Hansjörg Jäckel, Chefarzt Dr. Rolf-Dieter Splitthoff und Personalratsvorsitzender Peter Weckesser in einem Patientenzimmer.

Forensische Fachambulanz leistet innovative Arbeit für Bürger und Gesellschaft

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding und der Wieslocher SPD Landtagskandidat Hansjörg Jäckel besuchten jüngst das Psychiatrische Zentrum Nordbaden in Wiesloch. Sie ließen sich von Chefarzt Dr. Rolf-Dieter Splitthoff über den Wieslocher Maßregelvollzug (MRV) informieren. In Wieslochs MRV sind 250 Patienten – psychisch kranke Straftäter – von Gericht aus untergebracht. Eingewiesen, um in der Einrichtung nach dem Prinzip „Sicherheit neben Therapie“ behandelt zu werden. Splitthoff machte klar, dass der Maßregelvollzug keine Sackgasse für die Patienten sei, denn Wegsperren für immer sei keine Lösung. „Patienten bleiben bei uns durchschnittlich sechs Jahre in Behandlung, bevor sie in ein geordnetes und vorbereitetes Umfeld entlassen werden können“, so der Chefarzt, „und darüber entscheidet wiederum das Gericht.“ Die Wieslocher Klinik gilt als eine der strengsten forensischen Kliniken, was sich in sehr niedrigen Rückfallquoten äußert. Messbar wird das bei Betrachtung der Anzahl der Lockerungsmaßnahmen, 92.000 sind es im Jahr in Wiesloch. Dabei werden mit den Patienten nach und nach Verabredungen getroffen, die deren Leben ein Stück weit freier werden lassen – beispielsweise zählt dazu der Ausgang in den gesicherten Stationsgarten oder Jahre später der gemeinsame Spaziergang mit Pflegekräften im PZN-Gelände. In der Stadt Wiesloch ist die forensische Klinik kein spezielles Thema. Nachbarschaftsdialoge werden geführt, man feiert gemeinsam im therapeutischen Bauernhof, Scharen von Kindergärten und Schulklassen tummeln sich im PZN-Park.

Seit 2003 verfolgen die PZN-Forensiker einen völlig neuen Ansatz. Im Hinblick auf die forensisch orientierte Nachsorge zur Vermeidung von Straffälligkeiten haben sie, bislang finanziert aus eigenen Klinikmitteln, eine forensische Fachambulanz aufgebaut. „Früher wurden Patienten auf Bewährung in das alte Umfeld entlassen, die Familie, niedergelassene Ärzte und andere Helfer sollten sich weiter um die Menschen kümmern,“ so Dr. Christian Oberbauer, „es fehlte jedoch spezielles forensisches Hintergrundwissen.“ Deshalb sei insbesondere eine Ambulanz eingerichtet worden. Aktuell betreut die forensische Fachambulanz Wiesloch mit sieben Mitarbeitern 126 Patienten plus 30 Probewohner Die gesetzlichen Mittel dieses innovativen Konzeptes gibt es aber erst seit Juli 2010. Chefarzt Splitthoff erläutert in diesem Zusammenhang die finanzielle Ausstattung durch das Sozialministerium Baden-Württemberg. „Durch die Ambulanz sparen wir dem Land viel Geld, so dass es sich rechnet, wenn die Einstellung von gut ausgebildetem Fachpersonal finanziert wird. An die besondere Problematik der Finanzierung knüpfte auch der Personalratsvorsitzende Peter Weckesser an. „Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte gehen uns mehr und mehr aus“, so Weckesser. Die Gründe dafür sind eine hohe Arbeitsbelastung, der relativ niedrige Lohn und die Besonderheiten der Psychiatrie, die es den Personalern schwer macht, Nachwuchs zu finden. In Hessen würde auf elf Straftäter eine ambulante Fachkraft kommen – in Wiesloch seien das zurzeit pro Mitarbeiter über 20 Patienten.

Lothar Binding nahm die differenzierten Schilderungen im Hinblick auf dieses Problem der Kliniker ernst. “Wenn es hier um qualitativ hochwertiges Fachpersonal geht und das Land durch die Schaffung einer forensischen Ambulanz auch noch Geld spart, dann muss die Politik hier finanziell nachbessern“, so der Finanzexperte. Er fordert das Land und die Tarifparteien auf, die monetären Anreize für das dringend notwendige Fachpersonal zu erhöhen.