„FLICK-COLLECTION“ Spiegel online vom 7.5.04

Korn attackiert Bundesregierung

Die Bundesregierung erntet harsche Kritik für ihr Engagement, die umstrittene Kunstsammlung Friedrich Christian Flicks nach Berlin zu holen. Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, spricht von „moralischer Weißwäsche von Blutgeld“.


Die Bundesregierung wird für ihr Engagement, die sogenannte „Flick-Collection“, die Kunstsammlung von Friedrich Christian Flick, nach Berlin zu holen, scharf kritisiert. „Da es sich dabei um eine Art moralische Weißwäsche von Blutgeld in eine gesellschaftlich akzeptable Form des Kunstbesitzes handelt, ist es mehr als bedenklich, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt“, erklärte Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, in einem Gespräch mit dem „Handelsblatt“ (Freitagsausgabe). Hintergrund der Kontroverse ist die Vergangenheit von Flicks Großvater Friedrich Flick als einem der Haupt-Rüstungslieferanten des NS-Regimes.

Strenge Kritik am Engagement der Bundesregierung folgte auch von den beiden Bundestagsabgeordneten Lothar Binding (SPD) und Norbert Geis (CSU). Die „Flick-Collection“ führe zu einer hohen finanziellen Belastung des Bundes und gebe eventuell ausgerechnet einem Steuerflüchtling die Möglichkeit, sich mit einem Kunstprojekt ein Denkmal zu setzen. Geis kündigte an, möglicherweise auch den Bundesrechnungshof in dieser Sache einzuschalten.

Die „Flick-Collection“ ist eine mehrere tausend Exponate umfassende Sammlung zeitgenössischer Kunst, die ab Herbst in Berlin zu sehen sein soll. Grundlage hierführ ist ein Vetrag, den die vom Bund finanzierte Stiftung Preußischer Kulturbesitz 2003 mit der Firma Contemporary Art Ltd., die die Sammlung Flick verwaltet, geschlossen hat. Flick selbst beteiligt sich mit 7,5 Millionen Euro am Umbau einer Halle hinter dem Berliner Museum für Gegenwartskunst.

Flicks Projekt erhält ausdrückliche Unterstützung von Bundeskanzler und Berliner Senat. Zunächst ist per Leihvertrag eine siebenjährige Ausstellung vorgesehen, alles Weitere ist bisher offen.

Binding sieht hinter Flicks Ausstellungsprojekt zweifelhafte Motive. Dem „Handelsblatt“ gegenüber äußerte der Parlamentarier die Vermutung, „dass Flick generell möglichst wenige Steuern zahlen“ wolle, da die Sammlung der im englischen Steuerparadies Guernsey ansässigen Contemporary Art Ltd. übertragen wurde. Die „Flick-Collection“ werde durch die Ausstellung in Berlin stark an Wert zulegen, so Binding; der Bund müsse also wenigstens am möglichen Gewinn durch einen späteren Verkauf beteiligt werden.

Für die Bundesregierung politisch höchst brisant ist der moralische Aspekt der Kontroverse. Zwar betonten sowohl Korn als auch Binding ausdrücklich, dass Friedrich Christian Flick keine Kollektivschuld für das Verhalten des Großvaters treffe. Wohl gebe es aber „eine historische und moralische Verantwortung im Umgang mit einem Vermögen, an dem das Blut unzähliger Opfer klebt“, so Korn.