Aus Interesse am alltäglichen Politikgeschehen und als Vorbereitung auf mein Studium, wollte ich gerne einen Einblick hinter die Kulissen der aktiven Politik bekommen. Im Rahmen meines Praktikums im Berliner Büro des Bundestags-abgeordneten Lothar Binding war mir dies nun für vier Wochen möglich. Und am Ende meiner Zeit kann ich sagen: „Ich habe es gut getroffen“. Meine anfänglichen Befürchtungen, ich könnte im Büroalltag des finanzpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion untergehen oder ich würde ausschließlich zum Kaffeekochen und Kopieren gebraucht, lösten sich sofort in Luft auf. Als ich am ersten Tag das Büro, in dem sich alle duzen – „das macht man so in der SPD“- betrat, wurde ich gleich von einer freundlich konstruktiven Stimmung empfangen. Und schon bald stellte ich fest, dass die Arbeit eines Bundestagsabgeordneten und die seines Büros sehr vielfältig und abwechslungsreich ist.
Während meiner ersten Praktikumswoche war ich hauptsächlich mit der Beantwortung von BürgerInnenbriefen aus Lothars Wahlkreis Heidelberg beschäftigt. Dabei war es mir möglich sowohl in Themen, mit denen ich mich bisher nur oberflächlich beschäftigt hatte, als auch in mir vorher noch unbekannte Themenbereiche einzutauchen und durch Recherchearbeit mein Hintergrundwissen zu erweitern. Die Diesel-Debatte, der Nichtraucherschutz oder die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes im Irak sind nur einige, die ich davon jetzt nennen möchte. Mit dem Beginn meiner zweiten und dritten Praktikumswoche eröffnete sich dann eine ganz neue Welt jenseits des Schreibtisches.
Zwei aufeinanderfolgende Sitzungswochen standen an, das heißt Termine über Termine. Ich lernte Lothar, der mir mit seiner offenen und herzlichen Art sofort sympathisch war, zum ersten Mal persönlich kennen und begleitete ihn von nun an zu allem, was auf der Agenda stand und bei dem es mir erlaubt war mitzukommen. Schnell wurde mir klar, dass der Beruf eines Abgeordneten kein nine-to-five Job ist und auch dem Begriff „Feierabend“ in dieser Branche großer Interpretationsspielraum gelassen wird. Von Parlamentarischen Frühstücken morgens um 7:30 Uhr zum Thema „Nachhaltige Finanzierung“ oder „Rente 60 plus“ über Termine mit Journalisten, Parteikollegen oder Vertretern von verschiedensten Firmen und Gewerkschaften bis hin zu Abendveranstaltungen, durfte ich den immer gut gelaunten und stets höflichen Lothar begleiten. Der Erste im Büro und der Letzte, der geht. Verständlich also die Mengen an Kaffee, die hier täglich konsumiert werden.
Auch bei Sitzungen des Finanzauschusses, Lothars Arbeitsgruppe oder im Plenum des Bundestags durfte ich anwesend sein. Von den Zuschauerrängen aus konnte ich verfolgen wie die Abgeordneten über verschiedenste Themen und Gesetzesvorlagen debattierten. Auf Grund von Lothars fachlichem Hintergrund waren „Soli, Familienentlastungsgesetz, Steuerreform oder Arbeitslosengeld“, neben vielen anderen, die mit am häufigsten thematisierten Begriffe. Dass ich zu einigen dieser Thematiken nicht ausreichend Fachwissen hatte, um mir eine eigene fundierte Meinung zu bilden, störte gar nicht, denn mir war es dennoch möglich ein weitgefächertes Bild von den angesprochenen Problematiken zu bekommen.
Interessant war es auch, die Regierungserklärung von Angela Merkel, zu der sich anschließend alle Fraktionsvorsitzenden äußerten, oder den Ablauf eines Hammelsprungs live mit zu erleben. Ebenso spannend, die Führungen durch das Kanzleramt und den Bundesrat oder die Diskussionsrunden zu den Vorfällen in Chemnitz und Rassismus in Deutschland, die Teil des SPD-PraktikantInnenprogramms waren.
Insgesamt waren diese vier Wochen eine sehr eindrucksvolle und lehrreiche Zeit für mich. Und ich bedanke mich dafür, dass ich für kurze Zeit ein Teil des Teams sein konnte und somit die Chance hatte einen Einblick in die parlamentarische Arbeit zu erhalten.