heidemarie2_01Weinheimer Nachrichten vom 15.9.05

Weinheim. (gie) „Entwicklungspolitik ist die kostengünstigste Sicherheitspolitik auch für uns selbst“, sagte Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und stellvertretende Vorsitzende der Bundes-SPD, während eines gemeinsamen Besuchs mit SPD-Bundestagskandidat Lothar Binding und Vertretern des Ortsvereins Weinheim in der Hausbrauerei. Die Sozialdemokratin blickte dabei zufrieden auf die Arbeit ihres Ministeriums und der Regierung allgemein zurück.

heidemarie1_01Der Aufenthalt der amerikanischen Soldaten im Irak koste die USA monatlich 4 Milliarden US-Dollar. Dieser Betrag sei ungefähr identisch mit dem Entwicklungshaushalt der Bundesregierung für ein ganzes Jahr. „Allein das zeigt, wie wichtig es ist, präventiv tätig zu sein“, so Wieczorek-Zeul. Die Entwicklungspolitik der Bundesregierung sei nicht zuletzt deshalb wirkungsvoll, weil die Mittel nicht den Regierungen einzelner Länder, sondern konkreten Projekten zur Verfügung gestellt würden. Damit werde sichergestellt, dass die Gelder dort verwendet werden, wo es nötig ist. Den Betroffenen werde damit Hoffnungen und Perspektiven vermittelt. Eine grundlegende Vorgabe der Politik müsse das Ziel der Friedenssicherung sein. In diesem Zusammenhang erinnerte Wieczorek-Zeul an das Nein der Bundesregierung zu einer deutschen Beteiligung im Irak-Krieg.

„Es ist gut, dass wir diese Situation unserem Land erspart haben“, verdeutlichte die Bundesministerin. Und auch bezüglich der Entwicklung im Iran müssten wirtschaftliche, diplomatische und politische Mittel genutzt werden und keine militärischen. Bei der Konferenz der Vereinten Nationen zu ihren Entwicklungszielen werde sie als Vertreterin der Bundesregierung auch auf atomare Abrüstung drängen. „Die USA möchte genau diesen Punkt streichen. Diese Position werde ich deutlich machen“, unterstrich Wieczorek-Zeul.

Ein Erfolg der Bundesregierung sei es überdies, dass es gelungen sei, die Förderung der erneuerbaren Energien in Entwicklungs- und Schwellenländern zu forcieren. Was regenerative Energieformen betrifft, sei Deutschland Exportweltmeister.

Dass der Bedarf in diesem Bereich ansteigen werde, dürfe allein schon ob der steigenden Ölpreise als sicher gelten. „Durch die erneuerbaren Energien haben wir bereits rund 200000 Arbeitsplätze geschaffen und werden auch in Zukunft viele Arbeitsplätze schaffen können“, merkte Wieczorek-Zeul an. „Hinzu kommt, dass dies nicht nur gut für den Klimaschutz ist, sondern auch ein Teil der Friedenspolitik darstellt: Ums Öl wurden schon Kriege geführt, um den Zugang zur Sonne nicht.“

Im Gegensatz zur SPD vertrete die CDU eine rückwärts gewandte Energiepolitik, wie schon am vorgeschlagenen Verbleib in der Atomenergie zu erkennen sei. Doch auch auf anderen Gebieten seien die Vorschläge der Union bedenklich, da ihr Konzept den Abschied von der sozialen Marktwirtschaft darstelle. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, Wegfall der Steuerbefreiung auf Wochenend-, Feiertags- und Nachtzuschläge, Abschaffung des Kündigungsschutzes und die Kopfpauschale seien eindeutige Indizien dafür.

Die Krone der Ungerechtigkeit stelle jedoch das Steuerkonzept samt Streichliste des Finanzexperten im Unions-Kompetenzteam, Paul Kirchhof, dar. „Nach seinen Vorstellungen bedeutet dies auch den Wegfall der Übungsleiterpauschale in den Vereinen, das muss jedem deutlich werden“, so Wieczorek-Zeul. Lothar Binding zeigte sich verwundert darüber, dass Kirchhof tatsächlich davon ausgehe, dass seine akademische Übung in der Praxis umgesetzt werden könne. „Das ist und bleibt ein Modell, das noch nicht mal zur Vision taugt. Als akademisches Konstrukt ist es ja in Ordnung, doch realisierbar ist es nicht“, so der Sozialdemokrat.

Die SPD stelle, wie Wieczorek-Zeul verdeutlichte, eine moderne Linke dar, die auf die Herausforderungen der Globalisierung und auf die solide Entwicklung der sozialen Sicherungssysteme ausgerichtet sei. Ein Umstand, der etwa bei der Linkspartei nicht gegeben sei. „Was zum Beispiel von der Linkspartei propagiert wird, ist unseriös“, vertrat Binding die selbe Meinung. „Deren Programm ist voll und ganz auf Opposition spezialisiert und nur auf das Reden ausgerichtet. Seriosität zeigt sich aber auch durch das Handeln und letztlich die Umsetzbarkeit.“ Und genau dies sieht Binding bei der Linkspartei als nicht gegeben an.