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Bildungs-Bürgermeisterin Mannheims Gabriele Warminski-Leitheußer Foto: Martin Bujard

Kritik an schwarz-gelber Landesregierung – Kommunen der Rhein-Neckar-Region eröffnen neue Wege

Man könnte denken, dass eine Veranstaltung zu einer primär landespolitischen Thematik zurzeit kaum Aufmerksamkeit erhält – nicht jedoch beim Thema Bildung. Der Saal in der Volkshochschule Heidelberg war gut gefüllt, das Thema brennt vielen in Baden-Württemberg unter den Nägeln: G8-Chaos, unnötige frühe Separierung, Schulabgänger ohne Abschluss, verkrustete Strukturen, Unterrichtsausfall und viele zu große Klassen sind nur einige Punkte, die Eltern, Schüler und Lehrer beklagen. Um Wege aus diesem Dilemma aufzuzeigen, hat der Heidelberger Bundestagsabgeordnete Lothar Binding zu einer Podiumsdiskussion mit dem bildungspolitischen Sprecher der SPD Dr. Frank Mentrup, der Bildungs-Bürgermeisterin Mannheims Gabriele Warminski-Leitheußer und der VHS-Direktorin Dr. Luitgard Nipp-Stolzenburg eingeladen.

Dem Bundespolitiker Binding war es wichtig, angesichts der primären Länderzuständigkeit im Bildungssektor und der Defizite die Frage nach einem zukünftigen Miteinander von Bund, Ländern und Kommunen zu erörtern. „Bildung ist die große soziale Frage unserer Zeit. Wir wollen allen Menschen gesellschaftlichen Aufstieg durch bessere Bildung ermöglichen.“, so Binding. Vor der Föderalismusreform hatte der Bund mit dem 4 Mrd. schweren Ganztagsschulprogramm wichtige Impulse gesetzt. Auch einige Kommunen versuchen, die von der schwarz-gelben Landesregierung verschuldeten Defizite auszugleichen, wobei „unsere Rhein-Neckar-Region mit klugen und praktikablen Programmen eine Vorreiterrolle übernommen hat“, so Binding mit dem Hinweis auf Erfolge des Mannheimer Unterstützungssystems Schule (MAUS) und des Heidelberger Pendants HÜS (Heidelberger  Unterstützungssystems Schule).

Der als bildungspolitisches Oppositionssprachrohr im Landtag fungierende Mentrup skizzierte Aspekte des „Bildungschaos in Baden-Württemberg“: Ein Viertel der Klassen mit über 31 Schülern, in dieser Größe seien Klassen kaum zu unterrichten und für die notwendige Reduzierung der Klassen fehlten Lehrer. Auch bei der Krankheitsvertretung hapere es, da die vorgesehene geringe Zahl an Krankheitsvertretungen bei Weitem nicht ausreiche. Ein erhebliches Planungsdefizit konstatierte Mentrup hinsichtlich der Lehrereinstellung, so seien viele Referendare vor ihrer Einstellung als Lehrer sechs Wochen arbeitslos. Auch die Organisation von G8 sei in Baden-Württemberg katastrophal, hier lobte Mentrup die weitaus besser gelungene Umsetzung in Rheinland-Pfalz.

Warminski-Leitheußer erläuterte die Mannheimer „MAUS“-Konzeption. Ausgangspunkt war, dass jedes Jahr in Mannheim 300 Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen haben. „Diesen jungen Menschen fehlt die Eintrittskarte fürs Leben“, so die Mannheimer Bürgermeisterin in ihrer leidenschaftlichen Rede, „das ist ungerecht, das lassen wir so nicht laufen“. Die Kommune stellt nun jährlich 250.000 Euro bereit und kauft damit 10.000 Stunden bei der Mannheimer Abendakademie, diese können die Schulen abrufen – ob Anti-Gewalt-Training, Englisch-Konversation oder Mathe. Warminski-Leitheußer berichtete von „begeisterten Schulleitern“.

Ähnliche Erfolge weise auch das von der SPD-Fraktion eingebrachte Heidelberger „HÜS“ auf. Hier ist die VHS Dienstleisterin für die zusätzlichen Schulstunden. Da die Schulen Wünsche äußern dürfen und dies reichhaltig tun, träfen sich Bedarf und inhaltliches Angebot in idealer Weise, betonte Nipp-Stolzenburg. Das Projekt sei auf die Schüler zugespitzt, die die zusätzliche Förderung am dringendsten brauchen, besonders in Schulen in Heidelbergs Süden. Die VHS habe seit jeher Programme für Kinder, ihre Nutzung hänge jedoch von Informiertheit und Initiative der Eltern ab. Durch das „HÜS“ bekomme die Hilfe besonders den Kindern zugute, deren Eltern derartige Unterstützung weniger gewährleisten können. So positiv diese kommunalen Projekte der Region auch sind, waren sich die Diskutanten in der Einschätzung einig, dass in Baden-Württemberg das Bildungssystem „erheblich unterfinanziert ist“ und „verkrustete Strukturen schwere Fehlsteuerungen“ hervorbringen. In der Diskussion wurde deutlich, dass der von der SPD vorgeschlagene Umbau der Bildungslandschaft – Ganztagsschule, kleinere Klassen, länger zusammen Lernen, gebührenfreie Bildungsangebote von der Krippe bis zum Erststudium und Verstärkung der beruflichen Bildung – ein zukunftsorientiertes Alternativmodell darstellt.

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