Wenn die Landesregierung in Stuttgart einen Volksentscheid ermöglichte, ähnlich wie der Bürgerentscheid in Heidelberg zum Kongresshaus Stadthalle, könne man sicher besser mit dem Problem umgehen, sagte der SPD Bundestagsabgeordnete gestern. „Wenn ein Bauprojekt so vehement umstritten ist, die Menschen in Lager spaltet und eine derartige Bedeutung für Stuttgart hat, sollten die Bürger direkt entscheiden dürfen.“ Binding ist für mehr Verkehr auf der Schiene und Stärkung des ÖPNV in ganz Baden-Württemberg und deshalb aus finanzpolitischen Erwägungen von jeher gegen Stuttgart 21.
Der SPD Landesparteitag habe, auch mit Blick auf die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, mehrheitlich für Stuttgart 21 gestimmt, so Binding. „Allerdings wurde ein Kompromiss beschlossen. Stuttgart 21 wird abgelehnt, wenn die Kosten von 4,5 Milliarden Euro überschritten werden“.
Binding sieht gegenwärtig in Folge finanzpolitischer Erwägungen „große Probleme“ und seine Befürchtungen bestätigt. Der Neubau der Schnellstrecke Wendlingen – Ulm, ursprünglich mit 2 Mrd. Euro geplant wird 865 Millionen Euro teurer. Die Kosten für den Stuttgarter Bahnhofsbau zeigen steil nach oben. Aus 2,6 Milliarden sind nach Schätzungen mittlerweile 4,1 Milliarden Euro geworden. „Normale“ Kostensteigerungen während der Bauzeit, seien da noch nicht dabei. Stuttgart habe für 460 Millionen Euro Bahngrundstücke gekauft und beteilige sich an einer Risikoabsicherung mit 260 Millionen Euro.
Der Finanzexperte sieht aber auch die Nachteile für die aus Stuttgarter Sicht peripheren Regionen. Regionale, auch umstrittene Großprojekte dienten als Alibi für Stuttgart 21. „Um zu beweisen, dass Stuttgart 21 keinen Schaden in den „Randlagen“ des Landes anrichtet, werden sicher „hier und da“ einzelne Projekte, wie zum Beispiel der Heidelberger Altstadttunnel gefördert“, so Binding. Insgesamt stiegen auf diese Weise die Landes- und kommunalen Schulden weiter drastisch an. In der Realität hieße das: Unendlich viele kleine soziale, kulturelle und sportliche Projekte, Investitionen in Bildung und Forschung, die berufliche Weiterbildung, Investitionen in den öffentlichen Verkehr im ganzen Land würden Stuttgart 21 zum Opfer fallen. „Es ist nicht möglich eine Milliardenausgabe in dieser Dimension für ein einziges Tiefbauprojekt in Stuttgart im ganzen Land nicht zu merken!“