Rettungsschrim_01In einer „Fraktion vor Ort“ Veranstaltung der SPD mahnte der Heidelberger Bundestagsabgeordnete Lothar Binding, das Problem der Mindereinnahmen in den Kommunen Ernst zu nehmen. Er betonte, dass angesichts der konjunkturellen Erholung ein erneuter Ruf nach Steuersenkungen vollkommen falsch sei. „Wenn die Bundesregierung meine, sie müsse wieder über Steuergeschenke nachdenken, dann solle sie zuerst einmal ihren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Land zuhören“, so der Finanzexperte.

Als Gastredner hatte Binding den kommunalpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Bernd Scheelen aus Krefeld eingeladen. Es gebe derzeit trotz guter Wirtschaftsentwicklung für die Städte und Gemeinden „keinen Grund in Euphorie auszubrechen“ erklärte Scheelen zu Anfang seines Vortrags. „Die Steuereinnahmen der Kommunen werden bundesweit nach Angaben des Deutschen Städtetages auch in diesem Jahr noch unter dem Niveau des Krisenjahres 2008 liegen. Zwar erholen sich die Betriebe mit hohem Exportanteil, die lokalen Wirtschafts- und Handwerksbetriebe profitieren aber nach wie vor von dem in der Zeit der Großen Koalition aufgelegten Konjunkturpaket“, so Scheelen. In Heidelberg sei man noch mitten in der Umsetzung von vielen Maßnahmen zur Modernisierung der Schulinfrastruktur, ergänzte die SPD Landtagskandidatin und Vorsitzende der Heidelberger SPD-Fraktion Prof. Anke Schuster. Mit einem Volumen von rund 20 Millionen Euro aus 2010 sei man hier noch einige Zeit beschäftigt.

Beunruhigend sei auch, dass die FDP nach wie vor den Wegfall der Gewerbesteuer propagiere und stattdessen die Kommunen mit der Umsatzsteuer, der Körperschaftsteuer und ein kommunales Hebesatzrecht für die Einkommensteuer abspeisen wolle. „Damit entlässt man vor allem die großen Unternehmen, die von der Bereitstellung der Infrastruktur durch die Kommunen profitieren, aus ihrer Verantwortung zur Finanzierung des Gemeinwesens und bürdet den Lohn- und Einkommenssteuerzahlern die größeren Lasten auf“, so Bernd Scheelen. „Mehr Netto vom Brutto“ würde auch an dieser Stelle ins Leere laufen, monierte er. Da die Lohn- und Einkommensteuer am Wohnort und nicht am Arbeitsort zu entrichten ist, entstünden für Städte mit hoher Arbeitsplatzzentralität erneut erhebliche finanzielle Belastungen.

Roland Marsch, Bürgermeister aus Edingen-Neckarhausen fordert, eine Kompensierung der Klientel-Gesetze für Hotels Anfang 2010. „Für die Kommunen bedeuteten diese Gesetze rund 1,8 Mrd. Euro Einnahmeausfälle“, so Marsch. Zudem will er die Gewerbesteuer durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen stärken und fordert die Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuer. „Warum zahlt ein Zahntechniker Gewerbesteuer, aber ein Zahnarzt mit angestelltem Zahntechniker keine?“, fragt er.

Prof. Schuster fordert eine Entlastung der Kommunen von Sozialausgaben um den vielfältigen Aufgaben sachgerecht nachgehen zu können und eine dauerhafte strukturelle Unterfinanzierung zu verhindern. Sie spricht sich dafür aus, den Anteil des Bundes an den Kosten der Unterkunft nach dem SGB II auf 40% zu erhöhen. „Wir müssen auch andere Weg gehen“, sagte sie und fordert zusätzlich eine Finanztransaktionssteuer und eine verfassungsgemäße Vermögensteuer.