In dieser Woche beraten wir im Finanzausschuss des Bundestags den Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2010 (Bundestagsdrucksache 17/2823). Dieses Gesetz wird – wie seine Vorläufer aus den vergangenen Jahren – auch als „Omnibus-Gesetz“ bezeichnet, weil es eine Vielzahl von Anpassungen und Änderungen aus unterschiedlichen Bereichen des Steuerrechts in einem Gesetz zusammenfasst. Mit diesen Regelungen werden europarechtliche Vorgaben umgesetzt, das Steuerrecht an die aktuelle Rechtsprechung und wirtschaftliche Entwicklungen angepasst, Anregungen von Finanzämtern, Unternehmen oder Privatpersonen aufgegriffen, Vorschläge der Bundesländer berücksichtigt… – das Steuerrecht soll gerechter, besser, möglichst auch einfacher werden.
Wer allerdings schon einmal einen Blick auf die häufig komplizierten und umfangreichen Detailregelungen eines Jahressteuergesetzes geworfen hat, wird schnell erkennen, dass die Vorgaben „Einfach“ und „Gerecht“ leicht in einen Zielkonflikt geraten können. Ich bin daher froh über die Unterstützung durch Steuerexperten von Verbänden und aus der Wirtschaft, von Rechtsprechung, Wissenschaft, Verwaltung und insbesondere von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, die über mögliche Auswirkungen bestimmter Gesetzesänderungen berichten und damit die parlamentarische Arbeit unterstützen. Aus der Abwägung unterschiedlicher Interessen, Einschätzungen und Positionen lässt sich ein guter Eindruck von den Folgen unseres gesetzgeberischen Handelns gewinnen.
Zu meinen Gesprächspartnern gehört auch der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine e.V. (NVL), mit dem ich mich auch in diesem Jahr wieder im Vorfeld der Beratungen und der Anhörung im Finanzausschuss getroffen habe. Herr Bettels, der NVL-Verbandssprecher, und Herr Rauhöft, der Geschäftsführer des NVL, setzen sich insbesondere für die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein, die von Regelungen im JStG 2010 betroffen sind; dazu gehört in diesem Jahr etwa die Ausgestaltung von Übergangsregelungen bis zur Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ElStAM). Das Steuerkonzept des Lohnsteuerhilfevereins, das sie mir bei dieser Gelegenheit ebenfalls überreicht haben, finden Sie auf der NVL-Homepage unter folgendem Link: http://nvl.de/index.php?page_id=2100&expand=0.
Im Jahressteuergesetz (JStG) 2010 soll u.a. die erbschaftsteuerliche Gleichbehandlung von Lebenspartnern und Ehegatten umgesetzt werden, für die sich die SPD-Bundestagsfraktion schon bei der Reform der Erbschaftsteuer 2009 eingesetzt hatte; unser konservativer Koalitionspartner war damals leider noch nicht bereit, diese notwendige Anpassung des Erbschaftsteuerrechts an die Lebenswirklichkeit vieler Menschen mitzutragen. Auch im Vorfeld der jetzigen Beratungen zeichnet sich ab, dass sich Union und FDP mit der Gleichstellung homosexueller Lebenspartner schwer tun. Denn die Verbesserung soll nur für Erbfälle nach Inkrafttreten des JStG 2010 gelten; alle übrigen Partnerschaften, die sog. Altfälle, bleiben weiterhin benachteiligt.
Auch bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung sind unsere Vorschläge im Vergleich zu den Positionen des Bundesrats und der Regierungsfraktionen wirksamer. Im JStG 2010 ist vorgesehen, die Bedingungen zu verschärfen, die man erfüllen muss, um sich durch eine rechtzeitige Selbstanzeige vor Strafe zu schützen. Wie uns die vielen aufgedeckten Fälle von Steuerhinterziehung in der Schweiz, Liechtenstein oder anderen Schattenplätzen der Finanzmärkte gezeigt haben, sind die bisherigen gesetzlichen Regelungen nicht ausreichend: die strafbefreiende Selbstanzeige und die Erhebung von Nachzahlungs- und Hinterziehungszinsen haben kaum dabei geholfen, Steuerhinterziehung wirkungsvoll zu bekämpfen und Menschen zur Steuerehrlichkeit – eigentlich eine Selbstverständlichkeit – zu „ermuntern“. Ich frage mich daher, ob es Sinn macht, an diesen Instrumenten festzuhalten und sogar noch einen pauschalen „Strafzins“ zu erheben. Einerseits soll die Selbstanzeige bislang verheimlichte Steuerquellen aufdecken und die ihre Besteuerung ermöglichen – Einnahmen also, die der Staat dringend benötigt; andererseits wird das „Schlupfloch“ Selbstanzeige enger gemacht, die Strafe erhöht und die Abschreckung vor der Selbstanzeige verschärft – lässt sich der Steuerhinterzieher damit wirklich aus seinem Versteck locken? Oder sagt er sich nicht eher: jetzt erst recht, vielleicht kann ich ja weiterhin durch die Maschen der Steuerfahndung schlüpfen?
Um die Erfolge von Peer Steinbrück bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung weiterzuentwickeln, haben wir einen Antrag zur Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige erarbeitet, den Sie auf der Homepage der SPD-Bundestagsfraktion unter folgendem Link einsehen können: http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,51798,00.html
Weitere strittige Themen sind die Einführung eines neuen Steuerfreibetrags für ehrenamtliche rechtliche Betreuer; die vom Bundesrat vorgeschlagene Neuregelung der Dienstwagenbesteuerung; oder die Vermeidung einer „Doppelförderung“ bei Aufwendungen für Handwerkerleistungen – viel Gesprächsbedarf also für die Anhörung des Finanzausschusses, über die Sie sich auf folgender Seite im Internetangebot des Bundestags informieren können: http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a07/anhoerungen/2010/027/index.html.