schmidt1_01Von Generationenkrieg keine Spur

RNZ vom 24.1.2004

Von Ulrich Wittmann

Hohen Besuch aus Berlin empfing jetzt das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI): Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) sprach vor rund 100 Zuhörern zum Thema „Generationenvertrag – Konsens oder Konflikt?“

schmidt2_01Eine Kluft zwischen der veröffentlichten Meinung und dem, „was tatsächlich los ist“, beklagte die Ministerin. Das in den Medien kursierende Schlagwort vom „Generationenkrieg“ gebe das Verhältnis von Alt und Jung falsch wieder. Tatsächlich sei der Generationenzusammenhalt noch nie so stark gewesen wie heute. Nach einer Studie des Sozialwissenschaftlers Horst Opaschowski sei heute für 90 Prozent der Deutschen die Familie „wichtig bis sehr wichtig“. In den 50er-Jahren war sie das nur für 50 Prozent. Und die Generationen treten den Beweis an: Mit 21 Milliarden Euro jährlich unterstützen die älteren Generationen die nachfolgenden. Diese wiederum pflegen in zwei Dritteln aller Fälle ihre älteren Angehörigen selbst. Diese „soziale Lebenssicherung“ sei eine der drei Säulen, auf die sich die Alterssicherung künftig stützen müsse, so Schmidt. Eine weitere sei die herkömmliche staatliche Altersrente. Diese werde und müsse der Staat „garantieren bis in alle Ewigkeit“, man müsse aber auch hinnehmen, dass sie auf lange Sicht „nur gegen Armut absichern“ könne und alleine nicht genüge. Die Sicherung des Lebensstandards müsse auf einer dritten Säule ruhen: der privaten Zusatzversorgung – etwa durch die Riester-Rente, eine Lebensversicherung oder Aktienfonds.

schmidt3_01Als Hauptgrund dafür, dass die staatliche Rente als alleiniges Modell der Zukunftssicherung ausgedient habe, nannte Schmidt die demographische Entwicklung in Deutschland. Einer wachsenden Zahl von Leistungsempfängern steht eine schwindende Zahl von Beitragszahlern gegenüber. Deshalb gelte es, an „vier Stellschrauben“ zu drehen. Erstens müsse die Geburtenrate steigen. Mit einer durchschnittlichen Zahl von 1,3 Kindern pro Frau bilde Deutschland in der EU das Schlusslicht und läge weltweit auf Platz 185 von 207 Nationen. Viele Frauen stünden angesichts der schlechten Kinderbetreuung vor der Wahl zwischen Kind und Karriere. Oft entschieden sie sich für den Beruf. Eine gezielte Förderung der Betreuung müsse die Vereinbarkeit von beidem gewährleisten. Das hätte auch günstige Auswirkungen auf die „zweite Stellschraube“, die Erwerbsbeteiligung von Frauen, die derzeit viel zu niedrig sei. Als „dritte Stellschraube“ nannte Schmidt das Renteneintrittsalter. Angesichts der Tatsache, dass ein Rentner in den 60-er Jahren im Schnitt zehn Jahre lang Rente bezog, während es heute 17 Jahre seien, müsse man über eine Anhebung des Renteneintrittsalters nachdenken. Viertens nannte Schmidt eine vernünftig geregelte Zuwanderung.

Mit Blick nach vorn setzt sie auf „Sparen als Zukunftssicherung“. Eingesparte Mittel müssten vor allem in die Bildung fließen, „das einzige Kapital, das wir haben.“

Auch eine Prise Zuversicht wünscht sich die Ministerin. Die Probleme seien zu bewältigen: „Wir sollten nicht immer so tun, als würden wir in einem verelendeten Land leben.