Das im Bundestag am 17. Oktober 2003 verabschiedete Gesetz zur neuen Gemeindewirtschaftssteuer
Achtung, die hier genannten Punkte sind stellenweise durch neuere Gesetze ersetzt oder geändert worden!
Eine Information für Kommunalpolitiker
Die wichtigste Einnahmequelle einer Gemeinde
Die wichtigste Einnahmequelle einer Gemeinde ist die Gewerbesteuer. Sie ist eine Steuer auf den Gewinn eines Unternehmens. Sie ist der Beitrag der Unternehmen für die von der Gemeinde aufgebaute Infrastruktur. Wir sprechen von dem Interessenband zwischen Unternehmen und Gemeinde, weil beide an wirtschaftlicher Dynamik interessiert sind und einerseits das Unternehmen die kommunale Infrastruktur benötigt, andererseits die Gemeinde das Unternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen etc. Dabei wird durch Freibeträge stets sichergestellt, dass nur Unternehmen mit höheren Gewinnen die Steuer überhaupt bezahlen Wußten Sie, dass ein großer Teil aller Unternehmen überhaupt keine Gewerbesteuer bezahlen? Die Steuer liegt bei etwa 10 bis 12% auf den Gewinn, wobei die Personenunternehmen, also z.B. die meisten Handwerksbetriebe, diese an die Gemeinde bezahlten Steuern wieder – wie weiter unten gezeigt – komplett oder fast komplett – zurück erhalten.. Wie bei allen tariflichen Steuerermäßigungen, tritt dieses Ergebnis natürlich nur ein, wenn Steuern, mindestens in Höhe der Ermäßigung, gezahlt werden. Ist dies nicht der Fall, weil z.B. der Unternehmer oder sein mit ihm zusammen veranlagter Ehegatte bei anderen Einkünften Verluste haben, steht der Zahlung der Gewerbesteuer unmittelbar auch keine Ermäßigung bei der Einkommensteuer gegenüber. Da aber langfristig Gewinnstreben vorausgesetzt werden darf, wird langfristig auch der Vorteil überwiegen.
Verantwortung und Steuergestaltung
Einerseits versuchen deshalb bestimmte Unternehmen ihre Gewinne in der Steuerbilanz möglichst gering darzustellen, denn wenig Gewinn, bedeutet wenig Steuern. Andererseits will der Betrieb natürlich einen hohen Gewinn erzielen, um gegenüber den Anteilseignern bzw. Aktionären seinen Erfolg zu beweisen und auch seine Marktstellung zu festigen. Ein Dilemma? Nicht für die Unternehmen an die ich eben denke. Eigentlich ist klar, dass notwendige betrieblich bedingte Ausgaben eines Betriebs, z.B. wenn er ein Grundstück pachten muß oder eine Maschine leasen, den Gewinn vermindern, weil diese Pacht oder Leasingkosten Ausgaben sind – jedenfalls kein Gewinn! Oder doch? Ein Beispiel – wir nennen es „Gesellschafterfremdfinanzierung“: Ein Unternehmer gibt seinem eigenen Unternehmen ein Darlehen. Es entstehen Zinsen für das Unternehmen, die aber sozusagen an sich selbst, bzw. den Unternehmer zu bezahlen sind. Es könnte auch sein, dass das Unternehmen eine Tochterfirma gründet, auch sehr gut im Ausland möglich, und von der eigenen Tochter eine Maschine mietet – so wird der Gewinn in Deutschland gemindert, und damit die Steuerzahlung in Deutschland, die Kosten aber, bzw. der so verwendete Gewinn bleiben im eigenen Haus bei der Tochter.
Im Ergebnis solcher – wie wir sagen – Steuergestaltungen (keine Hinterziehung, keine Tricks, sondern legale Möglichkeiten… aber ärgerlich für die öffentlichen Einnahmen), erhalten deutsche Kommunen keine Steuern, trotz im Konzern verbleibenden Gewinns. Gleichwohl fahren die Laster dieses Konzerns natürlich auf den Straßen unserer Gemeinde und die Bauleitplanung für Gewerbe und hoch geförderte Gewerbestandorte werden von allen Steuerzahlern bzw. der Kommune bereit gestellt. Viele Unternehmen hingegen beteiligen sich an deren Mitfinanzierung über die Gewerbesteuer wenig bis gar nicht.
Die Kommune und die Weltlage
Hauptsächlich aus solchen Gründen der „Steuergestaltung“, aber auch auf Grund der weltweiten Wachstumsschwäche und dem Zusammenbruch vieler Aktienwerte, insbesondere denen des Neuen Marktes, sind die Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen stark schwankend und gegenwärtig viel zu niedrig. Außerdem wurden in den 90er Jahren zu viele Aufgaben vom Bund auf die Kommunen übertragen, ohne die Finanzierung sicher zu stellen.
Bundestag in Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden
Aus all diesen Gründen kümmern wir uns um die Reform der Gewerbesteuer, die künftig Gemeindewirtschaftssteuer heißt, um den Charakter der Steuer schon mit dem Namen zu beschreiben. Natürlich in enger Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden: Städtetag, Städte- und Gemeindebund, Landkreistag. Die jetzt von der SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagene Lösung verbessert die Einnahmen der Kommunen um mehr als 3 Milliarden Euro und umfaßt folgende Hauptkomponenten:
Steuermindernde Gestaltungen in verbundenen Unternehmen vermeiden helfen
Steuermindernde Gestaltungen zwischen verbundenen Unternehmen werden verhindert. So werden z.B. Mieten, Pachten, Leasingraten, Lizenzgebühren oder Zinsen für Darlehen, die quasi an sich selbst gezahlt werden als Gewinn aufgefaßt und sind, zu Finanzierungsanteilen von
25 % für Lizenzgebühren z.B.,
50 % für Leasing, Mieten Pachten von beweglichen Wirtschaftsgütern und
50 % für Dauerschuldzinsen
75 % für Leasing, Mieten Pachten von Grundbesitz und
100 % für Gewinnanteile stiller Gesellschafter
im Rahmen der Gewerbesteuer zu versteuern, denn „An sich selbst bezahlt“ entspricht ja einer Vorweg-Entnahme von Gewinn. Wir sprechen von „Zurechnungen“ zum Gewinn“. Um eine doppelte Besteuerung dieser Zurechnungen zu vermeiden, kann der Empfänger dieser Zahlungen, diese natürlich ertragsteuerlich geltend machen.
Es wir also nur in den Fällen, in den Mieten, Pachten, Leasingraten oder Lizenzgebühren benutzt werden, um Gewinne zu verstecken und sie der Besteuerung zu entziehen, Gemeindewirtschaftssteuer erhoben.
Keine Doppelbesteuerung
Um eine doppelte Besteuerung dieser Zurechnungen zu vermeiden, kann der Empfänger dieser Zahlungen, diese natürlich steuerlich geltend machen.
Damit werden im Inland Doppelbesteuerungen verhindert. Bei ausländischen Unternehmen kommt es auf die jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) an, ob das Land die Gemeindewirtschaftsteuer als Ertragssteuer anerkennt und das Tochterunternehmen sie anrechnen lassen kann. Gegebenenfalls müssten einzelne DB-Abkommen angepasst werden. Für uns gilt der Grundsatz, dass einmal in Deutschland Gemeindewirtschaftsteuer fällig werden soll.
Einheitliche Gesetze für Personenunternehmen und Freiberufler
Für Personenunternehmen und Freiberufler gibt es künftig einen Freibetrag von 25.000 Euro. Für Gewinne von 25.000 bis 35.000 Euro gilt als eine spezielle Mittelstandskomponente, nur der halbe Steuersatz (Steuermesszahl von 1,6). So werden Personenunternehmen und Freiberufler mit nicht so hohen Gewinnen besonders berücksichtigt
Freiberufler, die bisher keine Gewerbesteuer bezahlen, werden in die Gemeindewirtschaftssteuer mit einbezogen, da ein sachlicher Grund für die Ausnahme von der Gewerbesteuerpflicht nicht ersichtlich ist. Auch Freiberufler erzielen Gewinne und partizipieren an der aus Mitteln der Kommunen bereitgestellter Infrastruktur – aber Achtung! Sie sollen zwar die Steuern an die Gemeinde bezahlen, können den gezahlten Betrag aber bis zum 3,8fachen des Meßbetrages mit der Einkommensteuer verrechnen, so dass im Regelfall die „Mehrausgabe“ im Rahmen der Gemeindewirtschaftssteuer vollständig kompensiert wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Verluste aus anderen Unternehmungen bzw. im Rahmen der Zusammenveranlagung nicht zu einer Reduzierung der Einkommensteuerschuld führen, so dass diese niedriger als die gezahlte Gewerbesteuer ist. Hier findet also eine Umverteilung zwischen zwei Steuertöpfen statt: von der Einkommensteuer zur Gewerbesteuer – also vom Bund und den Ländern direkt zur Kommune. Dieser „Umweg“ wäre vermeidbar, aber wir wollen – verfassungskonform – das Hebesatzrecht, also eine Form der Selbstbestimmung der Kommunen, erhalten. Das gewählte Verfahren ermöglicht jeder Kommune wie bisher ihren Hebesatz individuell festzulegen.
Gewerbesteuerumlage wird gesenkt
Ergänzend – um eine schnelle Verstärkung der Kommunalfinanzen – zu erreichen, wird die Gewerbesteuerumlage von 29% auf 22%, ab 2006 auf 19%, gesenkt. Das heißt, die Kommunen müssen weniger an den Bund abführen.
Das Steuersystem wird vereinfacht
Das Steuersystem wird vereinfacht, in dem die fünfstufige Staffelung des Steuersatzes, der sogenannten Steuermesszahlen von 1% bis 5% wegfällt und durch einen einheitlichen Satz von 3,2% ersetzt wird. Lediglich für Gewinne von 25.000 bis 35.000 Euro gilt als eine spezielle Mittelstandskomponente nur der halbe Steuersatz (Steuermesszahl von 1,6). Für Personenunternehmen und Freiberufler gibt es darüber hinaus künftig einen Freibetrag von 25.000 Euro. So werden Personenunternehmen und Freiberufler mit nicht so hohen Gewinnen besonders berücksichtigt.
Die Gemeindewirtschaftssteuer für die Unternehmen ist künftig keine Betriebsausgabe mehr, zum Ausgleich wird der Steuersatz, also die Steuermesszahl, auf einheitlich von 5% auf 3,2% gesenkt.
Personenunternehmen dürfen künftig den Meßbetrag mal 3,8 nehmen und von der Einkommensteuer abziehen, sodass damit die Gemeindewirtschaftsteuer den Kommunen sehr hilft, sie aber gleichzeitig durch die Anrechnung bei der Einkommensteuer an diese Unternehmen über die an diesen beteiligten natürlichen Personen zurückfließt.
Für Körperschaften, also AG, GmbH etc. gibt es keinen Freibetrag und auch keinen halben Steuersatz in der Gewinnzone von 25.000 bis 35.000 Euro.
Zusammenfassung und weiterführende Informationen
Insgesamt ist der Vorschlag Gemeindewirtschaftsteuer also eine Vereinfachung der Steuergesetzgebung und er führt zu einer deutlichen Verstärkung und Verstetigung der Einnahmen der Kommunen.
Weiterführende Informationen:
Modellrechnung für eine Personengesellschaft oder einen Freiberufler
Gewinn (Euro)
100.000 |
zu versteuern (Euro) | mit Meßzahl
(%) |
ergibt Meßbeträge
(Euro) |
0 bis 25.000 | 25.000 | Null | 0 |
25 bis 35.000 | 10.000 | 1,6% | 160 |
35.000 bis Gewinn | 65.000 | 3,2% | 2.080 |
Summe = Meßbetrag | 2.240 | ||
Meßbetrag mal Hebesatz ergibt Steuereinnahme der Gemeine
Beispiel Hebesatz 400% |
|||
Meßbetrag | mal | Hebesatz | Gemeinde-wirtschaftsteuer |
2.240 | * | 400% | 8.960 |
Das 3,8-fache des Meßbetrags wird auf Einkommensteur angerechnet |
|||
Meßbetrag | mal | Erstattungsfaktor |
Erstattung |
2.240 | * | 3,8 | 8.512 |
Plus davon 5,5% Soli-Zuschlag | |||
468 | |||
8.980 |
Gemeinde bekommt also 8.960, die Personengesellschaft bekommt 8.512 Euro plus den Solidaritätszuschlag in Höhe von davon 5,5%, also 468 Euro zurückerstattet, ihre Steuerlast beträgt tatsächlich minus 20 Euro pro Jahr.
Modellrechnung für Körperschaft (AG, GmbH etc.)
Gewinn (Euro)
100.000 |
zu versteuern (Euro) | mit Meßzahl
(%) |
ergibt Meßbetrag
(Euro) |
0 bis Gewinn | 100.000 | 3,2 | 3.200 |
Meßbetrag mal Hebesatz ergibt Steuereinnahme der Gemeine
Beispiel Hebesatz 400% |
|||
Meßbetrag | mal | Hebesatz | Gemeinde-wirtschaftsteuer |
3.200 | * | 400% | 12.800 |
Modellrechnung für eine Körperschaft im Unternehmensverbund
Zurechnung von z.B. Leasinggebühren an eigenes Unternehmen, also „an sich selbst“
Gewinn (Euro)
100.000 |
zu versteuern (Euro) | mit Meßzahl
(%) |
Ergibt
(Euro) |
Leasinggebühren
80.000 |
|||
0 bis Gewinn | 100.000 | ||
½ von 80.000 (= 50% bei Leasinggebühren) | 40.000 | ||
Gewinn plus Zurechnung | 140.000 | 3,2 | 4.480 |
Meßbetrag mal Hebesatz ergibt Steuereinnahme der Gemeine
Beispiel Hebesatz 400% |
|||
Meßbetrag | mal | Hebesatz | Gemeinde-wirtschaftsteuer |
4.480 | * | 400% | 17.920 |