dce9e4a066Zu Gast in der Internationalen Gesamtschule – G9 durch die Hintertür? – „Gute Alternative gefunden“ RNZ vom 05.02.09

bms. „Wir sind eine Schule, die gut funktioniert. Wir sind keine Konkurrenz zu anderen, weil wir etwas abdecken, was Regelschulen nicht leisten.“ Peter Born als Leiter der IGH (Internationale Gesamtschule Heidelberg) begrüßte gestern „hohen Besuch aus der Politik“ zu einem Informationsgespräch über Schulpolitik: „Wir sind eine Schule der besonderen Art.“ Im Rahmen der Veranstaltung „Nah am Menschen“ der SPD-Landtagsfraktion hatte der Landtagsabgeordnete Hans Georg Junginger eingeladen, mit dabei waren auch der Stuttgarter Fraktionschef Claus Schmiedel, der Mannheimer Abgeordnete Frank Mentrup, Lothar Binding (MdB) und SPD-Gemeinderäte.

Schmiedel, gelernter Lehrer, zeigte sich sehr angetan von der Durchlässigkeit und die individuelle Förderung im IGH-Schulmodell, war aber offensichtlich weniger erfreut darüber, dass die Schulleitung den G8-Zug an Gymnasien (acht Jahre bis zum Abitur statt neun) nicht per se in Frage stellt, sondern hauptsächlich deren inhaltliche Umsetzung. „Mit der Einführung einer ,Klasse 10 plus’ haben Sie aber eine sehr gute Alternative gefunden“, lobte Schmiedel.

Was ist anders an der IGH? Rund 180 Lehrer unterrichten hier 1800 Schüler aus 70 Nationen. Das Thema Integration ist als internationale Schule und mit einem Einzugsgebiet insbesondere in den südlichen Stadtteilen von großer Bedeutung. Unter einem Dach gibt es hier eine Grundschule im Ganztagesschulbetrieb nach konzeptionellen Sondermodellen, es folgt die Orientierungsstufe für die Klassen 5 und 6 nach einem eigenen, pädagogisch erarbeiteten Muster für alle Schüler gemeinsam, ab den 7. Klassen die Aufteilung in Hauptschule, Realschule oder Gymnasium.

Für Realschüler wird es nach dem Abschluss künftig eine „Klasse 10 plus“ geben. Sie soll parallel zur regulären 10. Klasse laufen und somit den Übergang zum G8-Jahrgang der Gymnasialstufe abfedern. Also G9 durch die Hintertür? „Viele Eltern schicken ihre Kinder inzwischen auf eine Realschule und danach auf ein berufliches Gymnasium, um doch Abitur zu machen“, meinte Stadträtin Anke Schuster. Der „run“ auf die Berufsschulen sei deshalb vorprogrammiert als Folge von G8, was Eltern und Schüler im Land mehrheitlich ablehnten. „Ihre Schule setzt damit ein wichtiges Zeichen“, lobte sie. Kein Sitzenbleiben in der Orientierungsstufe, eigenes Benotungsmodell nach einem Punktesystem, Sprachförderprogramme, Vorbereitungsklassen, enge Teamarbeit im Lehrerkollegium, Lehreraustausch auch innerhalb der verschiedenen Schularten: Oliver Gunter als Rektor der Grundschule und Maria Wetzel-Lang als Fachfrau der Orientierungsstufe gaben Beispiele, warum ihre Schule so anders ist. „Es ist ein Labsal für uns zu hören, dass Schulpolitik auch anders geht“, meinte Frank Mentrup. Schmiedel wiederum sieht die Ziele der SPD-Bildungspolitik in der Kritik an G8 und der frühen Selektion im dreigliedrigen Schulsystem von Elternseite und auch von Institutionen her immer mehr unterstützt. „Die Proteste werden lauter. Wir strampeln uns da ab in Stuttgart. Noch rennen wir gegen eine Wand, aber die bröckelt.“