Die Welt ist weder schwarz noch weiß

Aus Sicht der Sparer*innen, die den Nominalzins im Blick haben, und auch aus Sicht einer privaten Altersvorsorge ist es zwar es auf dem ersten Blick verständlich, dass die EZB-Politik so in der Kritik steht, aber ich möchte im Folgenden das Thema etwas genauer beschreiben. Dass Sparbücher, Tagesgeld- und Festgeldkonten kaum noch Rendite bringen, ist ein ernstzunehmendes Problem der EZB-Politik. Solche Wertverluste hat die*der Sparende aber nicht nur, wenn der festgesetzte EZB-Leitzins so wie derzeit bei null ist. Dieses Phänomen ist immer dann zu beobachten, wenn die Inflationsrate höher als der nominale Zins ist. Der Realzins wird negativ, und Sparer*innen machen einen Verlust. Diesen Umstand muss ich nicht für gut halten, er ist aber in der deutschen Geschichte keineswegs eine Seltenheit. Seit 1967 machten die Sparerenden in mehr als der Hälfte aller Jahre Realzins-Verluste. Ich fand es schon oft merkwürdig, dass dies bisher (über Jahrzehnte hinweg) zu wenig Aufregung geführt hat – und erst seit kurzem von Einzelnen als Thema entdeckt wurde.

Die Nullzinspolitik bringt aber auch Vorteile mit sich: Noch nie waren die Kreditzinsen für Konsumentendarlehen so niedrig. Unternehmen investieren, und es haben so viele Menschen in Deutschland Arbeit wie nie zuvor. (Vorsichtig formulierte Ergänzung: Wenn auch viele Arbeitgeber*innen nicht immer Arbeitnehmer*innen so beschäftigen wie es wünschenswert wäre.) Die bisherige relative Schwäche des Euros gegenüber dem Dollar wirkt auf exportorientierte Unternehmen wie ein zusätzliches Konjunkturprogramm. Auch gerade der deutsche Staat kann sich zu so günstigen Bedingungen refinanzieren – in den öffentlichen Haushalten des Bundes, der Länder und Kommunen sind die Zinslasten so niedrig wie nie zuvor. Es gibt durchaus die Dualität, dass aus Sicht der Individuen ärgerlich ist, was für das Kollektiv von Vorteil – obwohl es immer dieselben Menschen sind.

Auch bei dem vermehrten Immobilienkauf, aufgrund von niedrigen Kreditzinsen, müssen wir genauer hinsehen. Einerseits steigen die Preise in bestimmten Regionen. Von zinsgünstigen Wohnimmobilien- und Konsumentenkrediten profitieren andererseits gerade junge Berufseinsteiger*innen, Familien und ältere Menschen. Durch die niedrigen Zinsen ist der Staat zudem auch in der Lage, mehr zu investieren. Aus SPD-Sicht wäre es durchaus wünschenswert, dass Deutschland noch mehr in Bildung, Digitalisierung, Pflege und Infrastruktur investiert oder jedenfalls diese Investitionen so vorbereitet, dass in der entsprechenden Konjunkturlage schnell gehandelt werden kann. Aber leider bremst bei solchen Langfriststrategien unser Koalitionspartner.

Die EZB-Nullzinspolitik eröffnet also einige positive Möglichkeiten. Trotzdem fördert diese Politik soziale Ungleichheit. Seit der Bankenkrise ist der Spalt zwischen Arm und Reich breiter geworden, was wesentlich an den großen Aktiengewinnen der meist schon gut verdienenden Anleger*innen liegt.

Ich habe allerdings die Erwartung, dass sich die Wachstumsaussichten in der Eurozone in den nächsten Jahren weiter stabilisieren. Mit dem Herunterfahren der EZB Anleihekaufprogramme auf dem Sekundärmarkt könnten in einem nächsten Schritt die Zinsen – wie jetzt in den USA geschehen – wieder angehoben werden. Dies hätte dann sicher auch einen Rückgang der Immobilienkäufe zur Folge.

Unabhängig von den Geschehnissen auf dem europäischen Finanzmarkt setzt sich die SPD für mehr soziale Gerechtigkeit ein, um dem weiteren Auseinanderdriften von Arm und Reich entgegen zu wirken. Dies möchten wir unter anderem durch eine Steuerpolitik, die die besser Verdienenden stärker in die Verantwortung nimmt, erreichen.

70 Jahre an der Spitze der Bewegung

Professor Dr. Heinz Markmann für 70-jährige Mitgliedschaft in der SPD geehrt.

Prof. Heinz Markmann, Lothar Binding MdB, Altstadträtin Christiane Schmidt-Sielaff

Heidelberg / Altstadträtin Christiane Schmidt-Sielaff und der SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding sitzen neben einem „ehrenwerten Mann“. Heinz Markmann ist 70 Jahre Mitglied der SPD, Mitbegründer des SDS und später des SHB an der Universität Heidelberg, seit 1956 Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse, Ehrensenator und Vorsitzender des Kuratoriums der Fernuniversität Hagen sowie Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche und soziale Bildung. Heute erhält er die Ehrenurkunde der SPD für seine lange Mitgliedschaft.

Der 93-Jährige ist seit 71 Jahren mit seiner Lore verheiratet. Nach einer ersten Begegnung im Krieg traf Markmann seine Frau bei einer Tanzstunde zwei Jahre später in der Heidelberger Kneipe „Schwarzer Walfisch“ wieder. „Nachdem ich meine Lore gesehen habe, bin ich direkt auf sie zugelaufen und habe mit ihr getanzt“, sagt er. Sie haben zusammen vier Kinder bekommen.

Fast ein Leben lang war Professor Dr. Heinz Markmann an den Schnittstellen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft tätig. Nicht weniger bewegt verlief seine Jugend- und Studienzeit.

Heinz Markmann ist gebürtiger Heidelberger. Um genau zu sein, und darauf legt er viel Wert, hat er seine Kindheit im Atzelhof erlebte. Hier wohnte schon Joachim Fuchsberger, ein bekannter Schauspieler seiner Zeit. Der Handschuhsheimer Atzelhof ist die Keimzelle der Heidelberger Wohnungsbaugesellschaft GGH – ihr erstes Bauprojekt. Die Fuchsbergers und Markmanns hatten bescheidene Dreieinhalb-Zimmer-Wohnungen „Der Atzelhof war ein Wohngebiet für die leicht gehobene Arbeiterklasse, solche mit festem Lohn und dem Wunsch, irgendwie und irgendwann auf der sozialen Leiter aufzusteigen“, schreibt Joachim Fuchsberger in seiner Biographie.

1926 wird Heinz Markmann als Sohn einer mittelständischen Familie geboren. Die Eltern schicken ihn 1936 in die Oberschule. Ohne Schulabschluss kommt der 17-jährig zur Flugabwehr-Einheit der Wehrmacht nach Mannheim. 1944 gerät er in amerikanische Gefangenschaft, kommt im September 1945 wieder frei und kehrt zu seinen Eltern nach Heidelberg zurück. Sein Abitur holt er rasch nach. Er konnte in der Schule „immer schöne Aufsätze schreiben“ und heuerte deshalb bei der neu gegründeten Rhein-Neckar-Zeitung an.

Danach studierte er Soziologie, Nationalökonomie, Geschichte, Psychologie und Öffentliches Recht. Nebenher arbeitet er als Lokal- und Sportreporter. Markmann ist Student bei Hans von Eckardt, Willy Hellpach, Alfred Weber und anderen Geistesgrößen. Er promoviert 1951 „summa cum laude“ zum Dr. phil. mit einer Dissertation über „Massenführung des Nationalsozialismus – Methoden, Ziele, Institutionen“. Er arbeitete dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Publizistik der Universität Heidelberg, als Assistent von Alfred Weber und als Mitglied der Forschungsgruppe Dolf Sternberger über Parteien, Fraktionen und Parlamente. 1955 nimmt er ein Angebot des Kuratoriums Unteilbares Deutschland in Bonn an und verlässt Heidelberg.

Der damalige RNZ-Herausgeber Hermann Knorr wollte ihn zum Lokalredaktionschef machen, aber Markmann sagte dem „Pfennigfuchser mit dem Spottgeld“ ab. „Da hatten wir eine Weile genug von Heidelberg“.

Markmann war später wissenschaftlicher Referent, von 1967 bis zu seiner Pensionierung 1989 Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bonn und lebte 34 Jahre im Rheinland.

Dem Senat der Max-Planck-Gesellschaft gehörte er von 1968 bis 1980 an, Markmann war Mitglied des Wirtschaftspolitischen Ausschusses beim SPD-Parteivorstand sowie von 1965 bis 1990 im Kuratorium und Beirat des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB). Seit 1996 übt er im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung und des DGB Beratertätigkeiten für Regierungen und Gewerkschaften in Ghana, Indien, Brasilien, Japan, China und Südkorea aus.

Im Februar 2009 erhielt er die Willy-Brandt-Medaille.

Geänderte Bürozeiten während der Sommerferien

Sehr geehrte Damen und Herren,
bitte beachten Sie, dass mein Bürgerbüro in Heidelberg in der Sommerpause immer nur bis 16 Uhr besetzt ist.

Ich wünsche schöne Sommerferien.

Lothar Binding