Wahlprüfsteine BTW 1994

Wahlprüfsteine der Eine-Welt-Gruppen Heidelberg zur Entwicklungspolitik anläßlich der Bundestagswahlwahl 1994 – und meine Antworten

Frage 1: Themenbereich: Entwicklungshilfe

Der Nord-Süd-Konflikt stellt eine der großen Herausforderungen der Zukunft dar. Trotzdem sinkt der Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt in der BRD, das Ministerium für Entwicklungshilfe (BMZ) steht im Schatten des ich oft entgegengesetzt verhaltenden Außen- und Wirtschaftsministeriums.

Was werden Sie unternehmen, um dem Nord-Süd-Konflikt die ihm zustehende Rolle in der deutschen Politik zu verschaffen?
Antwort auf Frage 1:

Der Politikbereich Entwicklungshilfe/wirtschaftliche Zusammenarbeit sollte gegenüber den anderen Ressorts, insbesondere dem Außen- und Wirtschaftsministerium dadurch gestärkt werden, daß der Bereich durch ein „Gesetz zur Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland“ verabschiedet wird, wie es von der SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagen wurde.

Der Gesamtbereich unterliegt bisher weitgehend unmittelbarem Regierungshandeln und ist somit parlamentarisch nur erschwert zu beeinflussen und zu kontrollieren. In dieses Gesetz müssen sowohl Qualitäts als auch Quantitätsziele – insbesondere die lange geforderten 0,7% des BSP – aufgenommen werden. Die SPD hat sich bei der Verfassungsdebatte – leider vergeblich – bemüht in die Präambel des GG aufzunehmen, daß das deutsche Volk den Willen verfolge „dem Frieden, der Gerechtigkeit, der Solidarität in der Einen Welt zu dienen“.

Frage 2: Themenbereich: Verschuldungskrise

Seit 1984 fließen trotz Entwicklungshilfe mehr Geld aus den Entwicklungsländern in die Industrieländer als umgekehrt (negativer Nettokapitaltransfer). Dieses Geld fehlt dort für Entwicklungsmaßnahmen. Organisationen wie Misereor und Brot für die Welt fordern deshalb seit langem einen generellen Schuldenerlaß.

Wie werden Sie mit dem Problem der Verschuldungskrise umgehen? Welche Maßnahmen vor Verringerung der Schuldenlast werden Sie ergreifen?
Antwort auf Frage 2:

Die Bundesregierung hat wiederholt die „rüstungsexportpolitischen Grundsätze der Bundesregierung“ aufgeweicht. Dies gilt insbesondere für Dual-Use-Waren. Es gab umfangreiche Lieferungen von Rüstungsmaterial der ehemaligen NVA in die Türkei. Die SPD hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, wonach Rüstungsexporte auf die Mitgliedsländer der Nato und der Europäischen Union beschränkt werden sollen. Aber auch im Bündnisbereich muß es zu einem Exportverbot von Rustungsgütern kommen, wenn das Land die Menschenrechte mißachtet – wie etwa in der Türkei.

Es ist wichtig, die Rüstungsexportkontrolle auch auf die Lieferung von „Blaupausen“ und auf sonstige Rüstungsgüter und Dual-Use-Produkte zu erstrecken.

Eine notwendige Voraussetzung für Rüstungsexport ist Rüstungsproduktion und Rüstungsproduktion wird oft unter Gesichtspunkten der Arbeitsplatzsicherung gesehen. Hier sind zum Abbau von Rüstungsproduktion umfangreiche Konversionsrichtlinien/Gesetze zu erarbeiten.

Frage 3: Themenbereich: Rüstungsexporte

1992 exportierte Deutschland für 1,92 Mrd $ Rüstungsgüter und war damit weltweit drittgrößter Exporteur. Beispielsweise hielt Deutschland bis heute den Waffenhandel mit der Türkei und Indonesien aufrecht, obwohl diese Länder immer wieder wegen Menschenrechtsverletztungen auch mit deutschen Waffen angeklagt werden.

Wie stehen Sie zu dieser Frage? Welche Einschränkenden Maßnahmen können Sie sich vorstellen?
Antwort auf Frage 3:

Die Fluchtursachenbekämpfung beginnt bereits bei der Bekämpfung der absoluten Armut und einem Umweltprogramm für die Eine Welt. Vorsorgepolitik kann nicht nur gegen Manmade-desasters (Bürgerkriege) betrieben werden, sondern auch gegen Naturkatastrophen.Projekte zur Förderung von Demokratie, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten können politische Fluchtbewegungen verhindern helfen. Zur Betreuung von Flüchtlingen in ihrer Heimatregion müssen die Programme des UNHCR unterstützt und direkte humanitäre Hilfe durch bewährte Nichtregierungs-Organisationen geleistet werden.

Frage 4: Themenbereich: Weltweite Intervention

Die „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ aus dem Jahr 1992 weisen der Bundeswehr u.a. die Aufgabe zu, den ungehinderten Zugang Deutschlands zu den Rohstoffen und die Aufrechterhaltung des freien Marktes zu gewährleisten. Dies könnte einen massiven Eingriff in die nationale Souveränität der Entwicklungsländer und das Recht der dort lebenden Menschen, über den Zugriff auf ihre Rohstoffe und den Preis, den sie dafür verlangen, frei zu entscheiden, bedeuten.

Wie stehen Sie zu dieser Frage?
Antwort auf Frage 4:

Zur Überwindung der Verschuldungskrise vieler Entwicklungsländer ist eine differenzierte Vorgehensweise erforderlich. Zunächst muß zwischen „staatlichen Schulden“ und „kommerziellen Schulden“ unterschieden werden. Entwicklungszusammenarbeit mit ärmeren Entwicklungsländern sollte von vornherein als Zuschuß gegeben werden. Diesen Ländern sind zum großen Teil von Deutschland bereits Schulden erlassen worden.

Andere Länder sollten verpflichtet werden, für ihre internationalen Schulden nationale „Gegenwertfonds“ zu bilden, aus denen sozialorientierte Projekte oder Umweltprojekte zu finanzieren sind. Eine Entschuldungsmöglichkeit besteht auch darin „abgewertete kommerzielle Schuldtitel“ mittels dafür speziell vergebener Weltbankmittel stark reduziert aufzukaufen und so die Schuldenlast erheblich zu reduzieren.

Bereits steuerlich abgeschriebene Kredite der Banken in Industrieländern müssen entsprechend reduziert werden. Außerdem müssen Grenzen definiert werden, damit nicht über Hermes-Kredite ständig Privatschulden zu neuen Staatsschulden werden.

Frage 5: Themenbereich: Giftmüllexporte

Deutschland steht an der der Spitze der giftmüllexportierenden Länder. Nach Angaben von Greenpeace wurden 1992 fast 1 Mio. Tonnen exportiert. Dies ist ein Beispiel dafür , wie die ökologische Kosten unserer Lebensweise auf andere Länder abgeschoben werden.

Was werden Sie unternehmen, um sicherzustellen, daß in Deutschland produzierter Müll auch hier wieder entsorgt wird.
Antwort auf Frage 5:

Es sind vor allem die Länder der Dritten Welt selbst, welche auf einen Abbau der Zölle drängen (Gatt-Runde). Ziel der wirtschaftlichen Entwicklung der Drittweltländer muß sein, nicht nur Rohstoffe in die Inddustrieländer zu liefern, sondern möglichst viele Fertigungsstufen zur Weiterverarbeitung selbst vorzunehmen. Die Orientierung auf den eigenen Binnenmarkt oder auf regionale Märkte kann dabei eine erfolgversprechendere Wirtschaftstrategie sein, als die Ausrichtung auf die I-Länder.

Die neue WTO muß Regeln schaffen, wonach bei der Produktion soziale und ökologische Mindeststandards eingehalten werden (Teppiche und Kinderarbeit…). Bei dieser Forderung muß allerdings gesehen werden, daß sich Regierungen vieler Drittweltländer gegen derartige Regelungen aussprechen. Dennoch können gerade Sozialstandards die Lebenssituation der armen Bevölkerung verbessern helfen und einen Schutz gegen Ausbeutung durch ihre Herrschaftsklasse bieten.

Frage 6: Themenbereich: Konsumverhalten

Wo sehen Sie, besonders auch für sich persönlich, Möglichkeiten, durch bewußten Konsum zur Lösung der globalen Probleme beizutragen?

Antwort auf Frage 6:

Zur Umsetzung der Agenda 21 müssen für die Länder der Dritten Welt besondere Umweltfazilitäten (Kretide der Weltbank für den globalen Umweltschutz) eingerichtet werden zur Durchführung von Projekten zum Erhalt der biologischen Vielfalt, der tropischen Regenwälder, zur Bekämpfung der Desertifikation und zum Schutz des Klimas.

Der Transfer von Umwelttechnologie ist besonders zu fördern – stattdessen wurde Deutschland zum drittgrößten Rüstungsexportland. Die Hauptaufgabe zur Umsetzung der Agende 21 richtet sich an uns selbst. Wir müssen global verantworliches Handeln durch einen ökologischen Umbau unserer Industrielandschaft beweisen. Es gilt den Energie- und Rohstffverbrauch spürbar zu senken und den Konsummüll drastisch zu reduzieren.

Zum Schutz des Klimas ist ein CO2 Minderungsprogramm erforderlich. Die SPD fordert dafür eine ökologische Steuerreform und die besondere Förderung regenerativer Energien. (z.B. das 100.000 Dächer-Programm zur Förderung der Solarenergie)