„Stärkung der Patientensouveränität“ Podiumsdiskussion mit Lothar
Binding MdB (Heidelberg) Fachkundige Gäste hatte der
Bundestagsabgeordnete Lothar Binding (SPD) im Rahmen seiner Themenreihe
Gesundheitspolitik in die Thoraxklinik Heidelberg zu einer
Podiumsdiskussion eingeladen. Auf dem Podium saßen Klaus Kirschner,
SPD-Bundestagsfraktion, Bruno Krüger, AOK Heidelberg, Dr. Wolfgang
Streibl, Kassenärztliche Vereinigung, Dr. Uwe Lückgen,
Kassenzahnärztliche Vereinigung und Karin Graf, Apothekerkammer
Baden-Württemberg.

Lothar Binding konnte eine große Zahl Besucher im neu gestalteten
Konferenzsaal der Thoraxklinik begrüßen: viele Ärzte aber auch
engagierte Bürger, die als Beitragszahler und Patienten an einer
Information über das neue Gesundheitsmodernisierungsgesetz Interesse
zeigten. Zunächst veranschaulichte der gesundheitspolitische Sprecher
der SPD Bundestagsfraktion Kirschner anhand einer grafischen
Präsentation die vielfältigen Änderungen im Gesundheitswesen. „Die
Versicherten sollen künftig stärker in die Entscheidungsprozesse der GKV
eingebunden werden. Sie müssen von Betroffenen zu Beteiligten werden.",
so Kirschner. Mit 250 Milliarden Euro sei der Gesundheitsbereich der
finanzstärkste Topf in unserer Volkswirtschaft. Davon seien 140
Milliarden die Ausgaben im gesetzlichen Versicherungsbereich.

Bei sinkenden Einnamen und gestiegenen Ausgaben sei ein Kompromiss
von Union und SPD dringend notwendig, obwohl Kirschner manche
Neuregelungen nicht weit genug gehen. Die wichtigsten Eckpunkte sind:
Die Zuzahlungs- und Befreiungsregelungen werden verändert. Auf alle
Leistungen wird eine Zuzahlung von 10 % erhoben. Diese beträgt
mindestens 5 € und höchstens 10 €. Für ambulante ärztliche und
zahnärztliche Behandlung beträgt die Zuzahlung 10 € pro Quartal und
Behandlungsfall, im Krankenhaus täglich 10 € für maximal 28 Tage. Kinder
und Jugendliche bis 18 Jahre sind von den Zuzahlungen ausgenommen. Für
den Zahnersatz werden Festzuschüsse eingeführt. Insgesamt soll die Summe
der Zuzahlungen 2% des Bruttoeinkommens nicht übersteigen, für chronisch
Kranke beträgt die Grenze 1 % des Einkommens. Kinderfreibeträge werden
berücksichtigt. Die Ärzte müssen in Zukunft ein Qualitätsmanagement, das
von den Kassenärztlichen Vereinigungen unterstützt wird, in ihren Praxen
einführen. Darüber hinaus werden die Ärzte und sonstige
Gesundheitsberufe zur Fortbildung verpflichtet und müssen bei
Nichtnachweis mit Abschlägen bei der Vergütung oder Zulassungsentzug
rechnen. 
Karin Graf von der Apothekerkammer beklagte eine Degradierung ihrer
Apotheker zu „Arzneimittelverkäufern“. „Durch die Liberalisierung im
Markt und insbesondere durch die Zulassung des Versandhandels werden
bestehende Apotheken Umsatzeinbussen hinnehmen“, so Karin Graf. Nicht
verschreibungspflichtige Arzneimittel werden künftig nicht mehr
erstattet. Ausgenommen sind Kinder bis zum 12. Lebensjahr und
Jugendliche mit Entwicklungsstörungen sowie bestimmte Indikationen.
Ferner sind „Lifestyle-Arzneimittel", z.B. Mittel gegen
Erektionsstörungen (VIAGRA), nicht mehr erstattungsfähig. Bruno Krüger
von der AOK Heidelberg versprach keinen „Blick im Zorn“ sondern einen
„Blick nach vorn“. 330000 Versicherte in der Region müssen nun beraten
werden. „Bei 430 Seiten Neuregelungen entsteht Erklärungsbedarf“, so
Krüger. Besonders wichtig sei ein neues Präventionsgesetz, dass
Finanzierung, Vernetzung, Forschung sowie Maßnahmen zur Prävention
regeln soll. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird 2003/04 von der
Bundesregierung vorgelegt. Die beiden Vertreter der KVen Dr. Streibl und
Dr. Lückgen beklagten die Straffung der Organisationsstrukturen der
Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) sowie der gemeinsamen
Selbstverwaltung. KVen mit weniger als 10.000 Mitgliedern je Land werden
fusioniert. Der bisherige Koordinierungsausschuss und die
Bundesausschüsse werden durch einen Gemeinsamen Bundesausschuss, dem die
GKV-Spitzenverbände, die Kassenärztliche (KBV) und Kassenzahnärztliche
Bundesvereinigung (KZBV) sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
angehören, ersetzt. Die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen wird
abgeschafft. Neu eingerichtet werden Prüf- und Ermittlungseinheiten zur
Bekämpfung von Falschabrechnungen und Korruption im Gesundheitswesen.
Als Fazit: „Den Ärzten wird es nicht schlechter gehen- auch in Zukunft
nicht“ so Wolfgang Streibl.
Die Lösung, eine funktionierende aber bezahlbare Versorgung zu
schaffen bleibt weiterhin gemeinsames Ziel. Das Bemühen aller anwesenden
Vertreter, die Bereitschaft offen zu diskutieren und Informationen und
Anregungen aufzunehmen war deutlich zu spüren. Das "ist eine
konstruktive Basis zur Umsetzung des neuen GMG" wie Binding, verbunden
mit dem Dank an alle Podiumsteilnehmer und Gäste, abschließend
feststellen konnte.
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