Mit Ebert
hat die SPD Geschichte in Heidelberg
Im "Prinz Carl" wurde das 140-jährige
Bestehen der Partei gefeiert - Forderungen von damals wirken heute
noch nach
von Steffen Liebendörfer RNZ vom
25.5.03

Geschichte der SPD gefeiert, v.l. neben
dem Musiker Lothar Binding, Willi Edelhoff, Lore Vogel, Ulrich Graf,
Claus Wichmann, Roger Schladitz und Anke Schuster. Foto: Kresin
Viel zu feiern gibt es für die
Sozialdemokraten derzeit nicht gerade. Umso größer der Bahnhof zum
140-jährigen Bestehen der Partei. In Heidelberg versammelten sich die
Genossen im Gewölbekeller des Prinz Carl, um die Erinnerungen an alte
Zeiten aufzufrischen.
Festredner war MdB Lothar Binding.

Wer den Prinz Carl betrat, sah festlich
gekleidete Gäste und ein riesiges Büffet. Fehlanzeige: Im Spiegelsaal
tagten die Gynäkologen. Wer zur SPD wollte, musste eine Treppe runter.
Die war dafür Stufe um Stufe mit Teelichtern geschmückt, die vereinzelt
beim Vorübergehen der Gäste flackerten. Nur 40 bis 50 der über Tausend
SPD-Mitglieder Heidelbergs hatten sich eingefunden. Während die drei
Mann starke Band noch ihre Instrumente stimmte, legte sich Lothar
Binding bereits fest. Der Jubeltag sei heute, und darum werde auch heute
gefeiert, so der Abgeordnete
"Die SPD hat Geschichte in Heidelberg",
das stehe unbestritten fest. Der erste deutsche Reichskanzler wurde 1871
in einem Haus in der Pfaffengasse geboren. 1925 kam bei einem Parteitag
in der Stadthalle das Heidelberger Programm heraus. Das wirke sogar noch
heute: Eine der Forderungen von damals nach der Weiterbildung von
Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuer beschäftige die Genossen
nach wie vor. Mal weniger, mal mehr, besonders beim Blick in die
Staatskasse.

In der Geschichte der Sozialdemokratie
sei Heidelberg bereits vor der Geburtsstunde der Sozialdemokratie
Schauplatz der Arbeiterbewegung gewesen, als beispielsweise 1849 der
Heidelberger Vereinigungskongress stattfand. 1863 kam es allerdings erst
zur gefeierten Parteigründung: Ferdinand Lassalle gründete in Leipzig
den "Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein" (ADAV). Der hatte sogar einen
Ableger in Kirchheim, 1869 gründete sich dort ein Filialverein. Im
selben Jahr wie Karl Liebknecht die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP)
ausrief. Erst durch die Fusion der beiden im Jahr 1875 entstand mit der
Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) die Vorläuferin der SPD.
"Gerhard Schröder und Hans Eichel
konnten nicht kommen", witzelte Binding zu Beginn seines Festvortrags.
Auch Oskar Lafontaine war nicht da - zumindest nicht körperlich. Doch
bei zahlreichen Gesprächen fiel sein Name, und immer wieder war zu
hören, dass die Genossen in Heidelberg seine Nicht-Einladung zur
zentralen Geburtstagsparty in Berlin als gerechtfertigt empfanden.
"Vom Amt des Parteivorsitzenden tritt
man nicht per Fax zurück", sagte Ulrich Graf, Geschäftsführer der
Friedrich-Ebert-Gedenkstätte. Doch nicht nur in Berlin glänzte man durch
Abwesenheit. "Vor 30 Jahren hätte man da noch den Oberbürgermeister
erwartet", kommentierte Willi Edelhoff Beate Webers Abwesenheit. In
Heidelberg ist er kein Unbekannter; 1972 bis 1980 vertrat er die
Sozialdemokraten im Stuttgarter Landtag. Er macht keinen Hehl daraus,
dass etwas nicht besser gemacht wird, nur weil es anders gemacht wird.
"Kritik an Schröder und seinen Grünen ist doch keine
Majestätsbeleidigung", wunderte er sich über Veränderungen in der
innerparteilichen Demokratie. Doch am 140. Geburtstag der Partei wollte
er das nur ungern vertiefen.
"Wir haben heute in der Partei
Auseinandersetzungen - beispielsweise über die Agenda 2010", ließ sich
hingegen Lothar Binding in seinem Festvortrag vernehmen. Klar brauche
man die Agenda, nutzte dieser die Gelegenheit, um gleich etwas Werbung
zu machen. Nicht entnehmen konnte man seinen Ausführungen allerdings,
was er von der Auseinandersetzung in der Partei zu diesem Thema
hält.Ohne Schelte kam die Union nicht weg: Die ständigen aktuellen
Stunden zur Finanzlage in Deutschland seien lediglich Inszenierungen, um
die Haushaltslage medienwirksam auf die Regierung schieben zu können,
warf Finanzausschuss-Mitglied Binding der Opposition vor. Das komplette
Gegenteil praktizieren da wohl die Genossen. "Wir sind auf einer
Gerechtigkeitsfahrt", so Binding zum aktuellen Kurs der SPD.
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