Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Damen und Herren!

Fehler zu machen, ist kein Problem; denn Fehler kann man korrigieren. Was uns an diesem Gesetzentwurf stört, hat auch damit zu tun, was mit der Kanzlerin im Moment los ist. Von einem Politiker kann man eine Sache verlangen ‑ nicht, dass er keine Fehler macht, Fehler machen wir alle ‑, nämlich dass er das einbringt, was er in seinem Leben gelernt hat. Das ist das, was man von jedem von uns verlangen kann.

Die Kanzlerin hat Physik studiert. Stellen wir uns einmal vor, ein Physiker würde Antworten auf nicht gestellte Fragen suchen oder Lösungen ‑ vielleicht sogar durch den Aufbau von Experimenten ‑ für Probleme eruieren, die er überhaupt nicht analysiert hat. So etwas endet im Labor und auch in der Theorie im Chaos. Chaos ist sehr gefährlich: Der Zufall dominiert, Führung geht verloren. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ‑ hier wurde von einem Baustein gesprochen ‑wird genau das belegt.

Ich will noch etwas zu dem sagen, was ich eben im Fernsehen gehört habe. Kollege Wissing hat erklärt, in der Anhörung hätten einige Experten gesagt: Ihr macht da viel zu viel. ‑ Andere hätten gemeint: Ihr macht viel zu wenig. ‑ Daraus hat Kollege Wissing geschlossen: Dann liegen wir genau richtig. ‑ Die Schlussfolgerung ist aber leider: Es geht nicht um viel oder wenig, sondern um richtig oder falsch. Aber weil es falsch ist, ist es sowohl zu viel als auch zu wenig. Darin liegt das Problem.

Ich will einen kleinen Satz aus der Anhörung zitieren, die Sie offensichtlich für sich als sehr positiv wahrgenommen haben. In der Anhörung hat jemand gesagt: Besser umfassend und gut als schnell und fragmentarisch! ‑ Fragmentarisch heißt bruchstückhaft. Genau das ist dieser Gesetzentwurf. Er ist ein Baustein, der mit dem Rechtssystem des Finanzplatzes insgesamt nicht verbunden ist. Deshalb hat auch von Ihnen jemand gesagt, dass er den Gesetzentwurf eigentlich schon mit einem Verfallsdatum versehen könnte.

Warum sehen wir das so? Die Antwort möchte ich an drei Parametern klarmachen: Der eine Parameter heißt Produkt, der andere Zeit und der letzte Ort. Sie beschränken sich mit dem Gesetzentwurf auf ungedeckte Leerverkäufe von Aktien ‑ das haben wir mehrfach gehört ‑, weil Schuldtitel von Staaten der Euro-Zone an einer inländischen Börse in regulierten Märkten gefährlich sind.

Erstens. Was bedeutet das? Diese Regel bietet genügend Gestaltungsspielräume. Der Kollege Carsten Sieling hat diese Frage nach einer Begrenzung Frank Gerstenschläger von der Deutschen Börse gestellt, der sich damit befasst. Er hat auf diese Frage geantwortet: Ich kann nicht genau erklären, warum es diese Beschränkung gibt. Ich gehe aber davon aus, dass diese Beschränkung gemacht wurde, um nicht zu versuchen, den Handel mit Werten, der im Ausland auf Primärmärkten zugelassen ist und wahrscheinlich der deutschen Regulierung gar nicht unterliegt, irgendwie regeln zu wollen. Das ist der eigentliche Grund.  ‑

Es ist viel wichtiger, zu fragen, ob es eine nationale oder eine europäische Regelung gibt; denn sonst ist Regulierungsarbitrage unvermeidbar. Die wird immer dort ausgenutzt werden, wo Handel möglich ist. Herr Gerstenschläger schreibt Ihnen ins Stammbuch, dass Sie mit dieser Begrenzung sofort Arbitragegewinne induzieren. Das ist aber genau das, was Sie vermeiden wollen.

Zweitens. Ich komme zur Intraday-Regelung. Der Gesetzentwurf, den Sie vorlegen, ist zeitlos schön, aber er hat an einem Tag keine Gültigkeit, nämlich an jedem Tag. Sie konnten uns nicht erklären, wie Sie mit der Problematik der Zeitzonen in der Welt umgehen. Auch konnten Sie nicht sagen, wie man Verkettungsgeschäfte vermeidet, bei denen ein Tag an den anderen gehängt wird. Das ist eine sehr komplizierte Ausnahme. Ausnahmen ‑ das haben Sie im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer gelernt ‑ sind immer sehr gefährlich.

Drittens. Ich komme zur Frage des Ortes. Die Begrenzung auf den Raum, den Sie wählen, erzeugt automatisch den Wunsch, sich außerhalb dieses Raumes zu bewegen. Das Problem ist, dass Sie mit diesem Gesetzentwurf an der gewünschten Stelle keine Lösung anbieten. Deshalb kann ich nur sagen: Das belegt, dass diese Art der politischen Vorgehensweise im Chaos endet. Das macht uns große Sorgen.