60plus Dialogtour mit Lothar Binding in Deutschland unterwegs

Um die SPD und ihre Bundestagskandidaten in den Wahlkreisen zu unterstützen, fährt Lothar Binding schon die vierte Woche mit seinem VW-Bus quer durch Deutschland. Im Gepäck hat er ein Glücksrad und natürlich seinen roten Zollstock. Heute ist er in Düsseldorf.

„Hallo, ich bin der Lothar Binding aus Heidelberg“, sagt der Wahlkämpfer. Der Bundesvorsitzende der AG SPD 60 plus, der Senioren-Organisation in der SPD, hat gerade seinen bunt beklebten VW-Bus geparkt und räumt nun den Kofferraum aus. Ein roter Tisch, ein Glücksrad und drei hohe Plexiglas-Röhren finden ihren Platz auf dem Asphalt. Das passiert in vielen Städten in Fußgängerzonen oder vor Einkaufszentren auf. „Wir hören zu und sprechen über unsere zukunftsfähige Politik mit Olaf Scholz“, sagt er. Neben vielen Broschüren packt Binding Kugelschreiber und die obligatorischen SPD-Gummibärchen aus.

Erste Passanten bleiben stehen und gucken zu. Manch einer dreht amüsiert ab und sagt: „Ich bin noch keine Sechzig“. Lothar Binding aber fängt ihn ein und erklärt, dass es in der Arbeitsgemeinschaft zwar viel Erfahrung gibt, gearbeitet werde aber für die Zukunft der Enkel und Kinder. „Die Rentner von heute können für ihre Vergangenheit nicht mehr viel erreichen, aber sie können politisch dafür sorgen, dass die Rente auch in Zukunft stabil bleibt und die Pflege ausgebaut wird“, erklärt er.

Für richtig Aufsehen sorgt Binding aber erst, als er seinen Lautsprecher in Betrieb nimmt. Der Finanzexperte der SPD-Bundestagsfraktion sagt: „Wir geben an unsere Enkel keine Schulden weiter, sondern eine gute Infrastruktur und zusätzlich auch die Vermögenstitel“ oder „Fast die Hälfte aller Deutschen hat überhaupt kein Vermögen“.

Wie das private Vermögen in Deutschland verteilt ist, erklärt Binding mit den drei Plexiglas-Röhren, die zum Teil mit kleinen bunten Plastikbällen gefüllt sind. Eine Röhre ist komplett voll und darauf steht „20 Prozent“. Die nächste Röhre ist nur zu einem Viertel gefüllt, darauf steht „80 Prozent“. In der dritten Röhre sind keine Bälle, darauf steht „Wir alle – der Staat“. Eine Zuhörerin lacht und moniert, dass die SPD nicht rechnen könne, oder die Röhren seien falsch beschriftet.

Binding legt nun los. Die volle Röhre symbolisiere die privaten Vermögen, die nur 20 Prozent der Bevölkerung gehöre, „drei Viertel“ erklärt er. Die restlichen 80 Prozent der Bevölkerung kämen auf viel weniger und zeigt auf die zweite Röhre „ein Viertel“. Jetzt nimmt Binding vier Bälle aus der vollen Röhre und wirft sie in die leere Röhre. Dann zeigt er auf die quasi immer noch volle erste Röhre und sagt: „Jetzt sieht man, wie die Vermögenssteuer wirkt, die Vermögenden sind total arm geworden und drohen damit Deutschland zu verlassen.“ Alle Zuhörer lachen.

Auch sein legendärer Zollstock kommt zum Einsatz. In seine Ausführungen streut er die eine oder andere Anekdote und spricht dabei über Einkommensgerechtigkeit. Die Stehengebliebenen wundern sich, denn viele verstehen den Begriff „Spitzensteuersatz“ danach zum ersten Mal. Dabei greift er die FDP an. Sie würden die Menschen „hinter die Fichte führen“, betont er. „Die behaupten allen Erstens in ihrem Wahlprogramm, ein Facharbeiter mit 56.000 Euro Bruttogehalts müsse heute den Spitzensteuersatz von 42 Prozent zahlen“. Das wäre natürlich unwahr, denn bei diesem Einkommen liege der Steuersatz bei ungefähr der Hälfte, weil Deutschland einen linear progressiven Tarif habe. Der Anstieg sowohl des Grenzsteuersatzes als auch des Durchschnittsteuersatzes erfolge kontinuierlich, erklärt er.

„Die Ideen der Aktion haben wir mit 60 plus Mitgliedern und dem Bundesvorstand selbst entwickelt“, erzählt Lothar Binding etwas später. Das sei ein Vorteil, wenn man lange in der Jugendarbeit aktiv war. So auch das Glücksrad, bei dem man nur gewinnen kann: Bleibt es bei einem bestimmten Begriff wie „Rente“, „Internet“ oder „Wohnen“ stehen, klappt Binding das obere Papier zur Seite und darunter kommt der jeweilige Inhalt aus dem SPD-Wahlprogramm zum Vorschein.

Los ging alles am 16. Juli in Offenburg. Über Stuttgart, München, Erlangen, Dresden, Leipzig und Magdeburg ging es nach Berlin, dann über Hamburg nach Norden in Ostfriesland und schließlich in Richtung Nordrhein-Westphalen. „In Augsburg, sonntags um 9:00 hat sich ein längerer Vortrag über Steuern und den Sinn von Staatsschulden ergeben.“ berichtet Lothar Binding. Bei Weißwurst- und Weißbierfrühstück, wollten die über 50 Zuhörer immer mehr erfahren.

Die insgesamt vierwöchige Tour – zwei Wochen im Juli, zwei weitere Ende August – ist ein Beitrag der AG 60plus zum SPD-Bundestagswahlkampf. Binding hat die Tour konzipiert, das Standdesign entwickelt und fährt auch den roten Bus meist selbst. Nur eine Unterstützung für die Social-Media-Arbeit hat er dabei. Und vor Ort – in jeder Stadt kommen die Aktiven der Arbeitsgemeinschaft, stehen Rede und Antwort und verteilen Informationen. Es ist das erste Mal, dass die AG SPD 60 plus eine solche Städte-Tour macht. Am Ende werden es 66 sein.

„Wir freuen uns sehr, dass du da bist“, begrüßt Andreas Rimkus Binding etwas später. Er ist ein Düsseldorfer MdB und kandidiert im September wieder für den Bundestag. In einem kurzen Video-Interview befragt ihn Binding zu seinen Zielen. „Bei der Tour geht es nicht um die AG 60 plus oder um mich, es geht um die Kandidaten vor Ort“, erklärt Binding, der selbst nicht wieder für den Bundestag antritt. Er bietet nun anderen eine Bühne und einen Anlass, ihren Arbeits-Schwerpunkt öffentlich vorzustellen.

Zwischendurch hat Lothar Binding an einem Marktstand in der Nähe noch Blumen gekauft und verteilt nun knallrote Moosröschen an Passanten. „Das ist immer eine gute Gelegenheit ins Gespräch zu kommen“, verrät er. Nach etwas mehr als zwei Stunden und vielen Gesprächen packt Binding seine Sachen wieder in den roten Bus. Er muss auf die Straße. Am Nachmittag steht der nächste Termin in Mönchengladbach an.

Damit es jedes Kind packt: das Gute-Kita-Gesetz

Veranstaltung mit den Abgeordneten Leni Breymaier und Lothar Binding

„Wir wollen Familien unterstützen und allen Kindern einen guten Start ins Leben ermöglichen“, begann die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier ihren Vortrag im Literaturcafe in Heidelberg. Ein zentrales Vorhaben der SPD ist das Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung. Hierzu informierten Lothar Binding und Leni Breymaier, Mitglied im Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Das Gesetz sieht vor, die Qualität der Kindertagesbetreuung in Deutschland zu verbessern und die Gebührenfreiheit insbesondere für Familien mit keinem oder geringem Einkommen auszuweiten.

„Wir wollen, dass die Länder, die Bundesmittel bedarfsgerecht und flexibel einsetzen können, zum Beispiel für einen guten Betreuungsschlüssel, qualifizierte Fachkräfte, sprachliche Bildung oder die Gestaltung von Innen- und Außenflächen von Kindertageseinrichtungen“, fordert Breymaier.

Als Bedingung für die Auszahlung der Mittel sollen aber Familien, die Wohngeld, Kinderzuschlag, ALGII, Sozialhilfe oder Asylbewerberleistungen erhalten von den Gebühren befreit werden.

Für das Gute-Kita-Gesetz stellt der Bund bis zum Jahr 2022 insgesamt 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Damit das Geld dort ankommt, wo es gebraucht wird, sollen mit jedem Bundesland passgenaue Verträge geschlossen werden. „Wir wollen natürlich wissen, mit welchen Konzepten die Qualitätsverbesserung der Kindertagesbetreuung in den Ländern erreicht werden soll“, so die Abgeordnete. Auf diese Weise soll das Gesetz Schritt für Schritt für die Herstellung gleichwertiger Kinderbetreuung in ganz Deutschland sorgen.

„Der Staat hat dafür zu sorgen, dass alle den gleichen Zugang zu Bildung haben, unabhängig von der Herkunft“, so Breymaier. Kindertagesstätten seien Orte frühkindlicher Bildung, nicht nur der Betreuung. „Wo die SPD auf Landesebene regiert, wurden und werden Kitagebühren schrittweise abgeschafft“, betont sie. Und genauso wie Bildung an Schulen und Hochschulen kostenlos sei, müsse der Besuch von Kitas kostenlos werden. Deshalb müsse sich auch das Land Baden-Württemberg bewegen und Maßnahmen zur Gebührenfreiheit einleiten.

In der darauffolgenden, lebhaften Diskussion wurde deutlich, dass sich Erzieher und Leitungspersonal durch das Gesetz eine deutliche Aufwertung ihrer Tätigkeit erhoffen. Die Mannheimer Erzieherin Sabine Leber-Hoischen forderte das Land auf, sich klar für eine Qualitätsverbesserung einzusetzen und das Geld vom Bund sinnvoll einzusetzen. „Das Gesetz ist eine erste richtige Maßnahme, darf aber nicht zur Eintagsfliege verkommen“, so Leber-Hoischen.

Politische Bildungsfahrt nach Berlin im Oktober 2018

Von Monika Seehase-Gilles, Federica Tegler

Das Café Talk aus Heidelberg hatte sich zu Beginn des Jahres mit einer ausführlichen Dokumentation seiner ehrenamtlichen Arbeit in der Flüchtlingshilfe um den Ehrenamtspreis beworben, den der SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding jährlich stiftet, und ist danach zu einer Bildungsreise nach Berlin eingeladen worden. Die große Gruppe der Ehrenamtlichen, die sich wöchentlich um Geflüchtete in den Räumen der Luthergemeinde kümmert, entschied, dass Federica Tegler und Monika Seehase-Gilles an der 4-tägigen politischen Bildungsfahrt nach Berlin vom 29.10. bis 1.11.2018 teilnehmen sollten.

Die Gruppe der Interessierten, die aus vielen Ehrenamtlichen und SPD-Mitgliedern bestand, war groß, sodass im ICE 372 von Mannheim nach Berlin ein ganzer Wagen für die 50 Teilnehmer*innen reserviert war. Begleitet wurden wir von Norbert Theobald, einem Mitarbeiter Lothar Bindings. Während der Zugfahrt gab es teilweise eine rege Diskussion über die Ergebnisse der Hessenwahl und die derzeitige Lage der SPD. In Berlin angekommen wurden wir von unserem Reiseleiter Harald Steinhausen vom Bundespresseamt in Empfang genommen und mit einem komfortablen Bus, der uns auch für die kommenden Tage zur Verfügung stand, zum Abendessen auf den Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz gefahren. Das langsam rotierende Restaurant bot uns einen weiten Überblick über das nächtliche Berlin. Nach dem Einchecken im Hotel stellte der Heidelberger Bundestagsabgeordnete Lothar Bindung in einem Konferenzraum der Gruppe seine parlamentarische Arbeit als Bundestagsabgeordneter vor.

Am folgenden Tag fand ein Vortrag mit Führung im Stasi Museum Berlin Lichtenberg statt, dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit der DDR, was uns einen Einblick in die allumfassende Überwachung der DDR-Bürger*innen gab. Zu besichtigen war die original erhaltene Ausstattung der Räumlichkeiten, in denen der langjährige Minister für Staatssicherheit Erich Mielke seiner täglichen Arbeit nachging. Die umfassende Ausstellung zur Zeitgeschichte der DDR und die anschauliche Darstellung der Stasi Methoden waren sehr beeindruckend.

Nach dem Mittagessen machten wir eine ausführliche Stadtrundfahrt, orientiert an politischen Gesichtspunkten und historischen Orten. Auf dem Programm stand anschließend der Besuch des Bundestags. Von der Zuschauertribüne mit Blick auf den Plenarsaal wurden wir in einem kurzen Vortrag über die Anordnung der Sitze der Parlamentarier*innen und der Regierungsmitglieder aufgeklärt. Nach einem Gruppenfoto hatten wir Zeit, die Glaskuppel zu besichtigen.

Am Mittwoch fuhren wir zum Haus des Rundfunks Berlin Brandenburg (rbb) in der Masurenallee. Wir konnten dort einzelne Senderäume und den Konzertsaal des Hauses besichtigen. Ein leckeres Mittagessen nahmen wir im Anschluss in der repräsentativen Landesvertretung Baden-Württemberg am Berliner Tiergarten ein. Dort erklärte uns ein Mitglied des Hauses die Bedeutung und die Aufgaben der Landesvertretung und wies auf architektonische Besonderheiten des Gebäudes hin.

Weiter fuhren wir zum Willi-Brandt-Haus. Auch hier erfuhren wir etwas zur Geschichte des Hauses und in einem Kurzfilm Informationen über die Grundsätze und Ziele der Partei. Mit einem Mitglied aus dem SPD Vorstand ergab sich eine rege Diskussion, in der viele Enttäuschungen über die Teilnahme der SPD an der derzeitigen Koalitionsregierung zum Ausdruck gebracht wurden sowie die Forderung, endlich aus der Koalition auszutreten, gestellt wurde. Nachmittag und Abend des Tages standen dann zur freien Verfügung.

Unsere letzte Veranstaltung am Donnerstagvormittag war das Informationsgespräch im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Wir hörten einen sehr professionellen Vortrag über die finanzielle Ausstattung des Ministeriums sowie über die Strukturen und Zuständigkeiten der einzelnen Resorts.

Vor der Abreise hatten wir noch Gelegenheit, einen Augenblick am Brandenburger Tor zu verweilen sowie in der Nähe des Gendarmenmarkts ein Stück Berlin auf eigene Faust zu entdecken. Einige von uns schauten sich im Deutschen Dom die Ausstellung über die Geschichte der Weimarer Republik an.

Abschließend möchten wir erwähnen, dass unser Reiseleiter Harald Steinhausen uns während der Busfahrten mit viel Insiderwissen über städtebauliche Entwicklungen informierte, er wies uns immer auf bestimmte geschichtliche Ereignisse an bestimmten Orten Berlins hin. Er konnte auch kleine Geschichten und Anekdoten zum politischen Tagesgeschehen zum Besten geben.

Mit einem Lunchpaket traten wir die Rückreise mit dem Intercity nach Mannheim/Heidelberg an. Rückblickend waren diese vier Tage mit voller Verpflegung und guter Unterbringung insgesamt sehr gewinnbringend. Die Reise war ausgezeichnet organisiert und sie vermittelte gute Einblicke in Institutionen des politischen Alltags.

Fraktion vor Ort: Das Gute-KiTa-Gesetz

Dienstag, 4. Dezember 2018 um 20.00 Uhr
Das Literaturcafé, Poststraße 15, 69115 Heidelberg

mit Leni Breymaier, MdB

Die Weiterentwicklung der Qualität in Kitas und in der Kindertagespflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Ziel der SPD-Bundestagsfraktion. Das Gute-KiTa-Gesetz setzt genau hier an – für mehr Qualität und weniger Gebühren. Der Bund investiert mit dem Gesetz insgesamt 5,5 Milliarden Euro bis 2022. Ganz neu dabei: Das Gesetz ist ein Instrumentenkasten, um Kinderbetreuung überall in Deutschland besser zu machen. Gute Kinderbetreuung wird vor Ort gestaltet. Darum entscheiden die Bundesländer selbst, welche konkreten Maßnahmen sie ergreifen wollen – von einem guten Betreuungsschlüssel über kindgerechte Räume bis hin zur sprachlichen Bildung. Baden-Württemberg schließt mit dem Bund dazu einen individuellen Vertrag. Jede Familie muss sich gute Kinderbetreuung leisten können. Darum werden Familien mit kleinem Einkommen von der Beitragspflicht befreit. 1,2 Millionen Kinder haben so einen Anspruch auf beitragsfreie Kitazeit. Der Erzieherberuf muss attraktiver werden. Das Gute-KiTa-Gesetz sorgt für bessere Arbeitsbedingungen. Erzieherinnen und Erzieher, Tagesmütter und Tagesväter können so ihr Wissen und Können besser einsetzen.

Bildungsfahrt in die Hauptstadt Berlin

Familie Münch aus Kirchheim

Fahrt Nr. 50 für Norbert Theobald

Norbert Theobald steht mit der Mitarbeiterin des Bundespresseamtes (BPA) Gaby Naumann im Berliner Hauptbahnhof. Auf Gleis 13 kommt gleich der ICE aus Mannheim an. Die Gruppe aus Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis scheint vollständig zu sein. „Es fehlt niemand“, hatte man schon per SMS gemeldet. Norbert Theobald ist seit fast 20 Jahren Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Wahlkreis des Heidelberger Abgeordneten Lothar Binding. Er organisiert und plant zum 50. Mal eine Bildungsreise in die Hauptstadt. „Ich habe es gar nicht gewusst, dass ein Jubiläum ansteht“, so Theobald. Aber die Kollegin aus dem Berliner Büro hatte wohl eine Strichliste geführt.

Der Bahnsteig füllt sich und die 50 Personen werden zum Busbahnhof geführt. Die Berliner Verkehrsbetriebe haben einen nagelneuen Reisebus bereitgestellt. Sofort sind die fordern Reihen besetzt. Die Gespräche drehen sich ums Abendessen und um das Hotel. Die Fahrt war lang und der Hunger wächst. Aus dem Bus heraus sieht man die Abgeordnetenbüros und das mondäne Kanzleramt. Sigrid macht sich Sorgen. „Das Riesending hat doch der Kohl gebaut, weiß einer was darin geschieht?“, fragt sie. Viele dieser Regierungsbauten sind groß und mächtig. „Aber 15.000 Beschäftigte müssen irgendwo an einen Schreibtisch“ so Theobald. Eine Durchsage von Gaby Naumann verspricht die Ankunft im Hotel. Die Gruppe checkt ein.

Am nächsten Morgen steht eine Stadtrundfahrt an, sie hält am Dokumentationszentrum „Topografie des Terrors“. Hitlers Machtzentrale an der Wilhelmstraße. Es stehen nur noch ein paar Kellerwände. Pascal findet es besonders wichtig. Der 22-Jährige ist SPD-Mitglied und arbeitet aktiv im Ortsverein, erzählt er. „Es ist wichtig, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen , und nicht nur aus den Spielfilmen zu lernen,“ sagt er. Auch sei es wichtig alles mit den eigenen Augen gesehen zu haben.

Ähnlich sieht das auch Christa. „Wir sind mit Freunden aus Altlußheim dabei“, berichtet die 70-Jährige, „und haben schon versucht mit Stefan Rebmann nach Berlin zu reisen. Es ist schön, dass wir jetzt bei der Sonderfahrt dabei sind.“ Christa ist nicht in der SPD aktiv, möchte aber wissen, was die Regierung „so treibt.“

Fernsehturm und Kuppel

Das Mittagessen wird zur besonderen Attraktion. Es geht auf den 370 m hohen Fernsehturm. „Mein Freund Karl hat mir von diesen Reise erzählt und war total begeistert.“, so Günter aus Heidelberg, der seine Freundin dabei hatte. Das Panorama-Restaurant dreht sich, es scheint die Sonne, die Gruppe sucht von oben nach Sehenswürdigkeiten, die sie schon gesehen haben „In Berlin muss man gewesen sein, auch wenn hier nicht alles glatt läuft.“ Günter nickt zustimmend und zeigt aufs nächste Ziel – dem Reichstag und fotografiert das Panorama.

Nach einer gründlichen Sicherheitskontrolle geht es, über einen großen Aufzug, auf die Kuppel des von dem Architekten Sir Norman Foster gebauten Kuppel. Sie ist von der Dachterrasse aus über eine Rampe öffentlich zugänglich und versorgt den Plenarsaal mit modernster Belichtungs- und Beleuchtungstechnik. Von oben reicht der Blick auf das Jakob-Kaiser-Haus, wo sich auch das Büro von Lothar Binding und seiner sechs Mitarbeiter befindet. Im Wahlkreis unterstützen ihn zwei weitere Referenten im Büro Heidelberg.

Verpflegung und Kabarett

Vor dem Restaurant „Julchen Hoppe“ kommen die Teilnehmer ins Gespräch: „Als ich zuletzt im Nikolaiviertel war, sah das hier noch anders aus“, erzählt Christa Rettig. Sie kommt aus Altlußheim und wollte die Fahrt auch nutzen, um das politische Berlin besser zu verstehen. Sie ist mit ihrem Mann und der Familie Böser mitgefahren. „Eine Bildungsfahrt nach Berlin sollte jeder einmal machen“, lacht Christa und lässt ein Foto vor dem Eingang des Restaurants machen.

Am Abend geht es ins Kabarett. Die „Distel“ ist das größte Ensemble-Kabarett Deutschlands und hat ihr Theater direkt am Bahnhof Friedrichstraße. Zu DDR-Zeiten sollte das Ensemble Satire als „Waffe im Klassenkampf“ gegen den Westen einsetzen. Wegen ihrer aber mehr und mehr nach innen gerichteten, listig verhüllten DDR-Sticheleien wurde sie den Regierenden aber bald ein Dorn im Auge. Jährlich unterhält die Distel über 100.000 Besucher in Berlin und auf Tourneen.

Ministerium, Gedenkstätte und Wannsee

Am nächsten Tag fährt die Gruppe ins Ministerium für Arbeit uns Soziales. Minister Heil ist nicht im Hause, aber der Referent spricht über doppelte Haltelinie, Verbesserungen bei Mütter- und Erwerbsminderungsrente und Entlastung von Geringverdienern. Die Teilnehmer nutzen intensiv die Möglichkeit der Nachfrage.

Nach einer Fahrt nach Potsdam wird es emotional. Die Gedenkstätte Lindenstraße, ein ehemaliges Nazi- und Stasigefängnis führt der Gruppe die Untaten der vergangenen Regime vor Augen. Renate Hettwer aus Neulußheim sagt danach: „Ich finde es bedrückend, was sie mit den Menschen gemacht haben. Aber man muss es gesehen haben, um es zu verstehen.“

Am Abend ist es soweit, bei einer Bootsfahrt auf dem Wannsee trifft die Gruppe Lothar Binding. Seit September 1998 ist er im Bundestag – also genau 20 Jahre. Binding trifft neben seiner Gruppe auch BPA-Teilnehmer des CDU-Abgeordneten Armin Schuster aus Lörrach. Nach einer kurzen Rede bietet er allen das persönliche Gespräch an. Und tatsächlich werden die zwei Stunden Fahrt von allen für Fragen genutzt. Die drehen sich um die Haltbarkeit der Koalition, Rente und Wohnungsmarkt.

Claus Münch und seine Frau Ruth aus Kirchheim kannten den Abgeordneten persönlich nicht. Aber ihr Sohn Kay-Uwe, Pressesprecher der Stiftung Topografie des Terrors, hat ihn schon öfter getroffen. Kurz vor Einfahrt in den Hafen singen alle Teilnehmer auf dem Dampfer das „Badnerlied“ und sorgen so für einen „großkoalitonären“ Abschluss.

Politikzentrale und „ab nach Hause“

„Mein Vorsitzender war schon mehrmals im Willy-Brandt-Haus“, berichtet Pascal Wasow aus Brühl der mit Kumpel Lars unterwegs ist, „Eine Parteizentrale von innen bekommt man ja nicht so leicht zu sehen.“ Viele der Teilnehmer haben Fragen an den SPD-Referenten. Die lebhafte Diskussion wird aber abrupt beendet, denn der Bus muss zum Bahnhof – es geht nach Hause. Norbert Theobald ist in Gedanken schon bei seiner nächsten Fahrt im November. „Wir haben ein offenes Bewerbungsverfahren, jeder darf mitfahren. Bei uns braucht man kein Parteibuch, um mitzudürfen“. Der ICE kommt pünktlich in Mannheim an, manch einer möchte bei der nächsten Fahrt wieder dabei sein. Aber das gehe leider nicht, so Theobald, die Warteliste sei lang und die Abgeordneten hätten nur drei Fahrten im Jahr, bedauert er.